Christin und Muslim wegen angeblicher Blasphemie festgenommen



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Die Christin Musarat Bibi, die an der „Girls Higher Secondary School“ in der Stadt Arif-Wala in der pakistanischen Provinz Punjab arbeitet, wurde zusammen mit einem muslimischen Mann, der ebenfalls an der Schule arbeitet, unter dem Vorwurf der Koranschändung verhaftet. Die beiden waren dabei, die Lagerschränke der Schule auszuräumen und verbrannten dabei Müll, alte Akten und unbrauchbare Papiere. Sarmand erkannte unter den verbrannten Papieren einige Seiten der Heiligen Schrift des Korans in arabischer Sprache und alarmierte die Schulbehörden.

Als sich die Nachricht von der angeblichen Verbrennung der Koranseiten verbreitete, begannen einige Schüler und Lehrer zu protestieren. Durch den Anruf eines Mannes, der sich als Kashif Nadeem zu erkennen gab, wurde die Polizei alarmiert und traf zur Untersuchung am Tatort ein. Die Schulleitung berichtete über den Vorfall, betonte aber, die beiden Mitarbeiter hätten ihr Bestes getan hatten, um die gekennzeichneten Seiten zu entfernen, und bezeichnete den Vorfall als „völlig unbeabsichtigt“. Die Polizei nahm jedoch Musarat Bibi und auch Mohammad Sarmand unter dem Vorwurf der Blasphemie gemäß Abschnitt 295-b des Strafgesetzbuchs, der die Verunglimpfung des Korans unter Strafe stellt, fest und verhaftete sie.

Die verwitwete Frau hat drei Töchter, von denen zwei verheiratet sind und die jüngste 14 Jahre alt ist. Die jüngste Tochter wurde inzwischen von den anderen Familienmitgliedern an einen sicheren Ort gebracht. Musarat arbeitete nach dem Verschwinden ihres Mannes, der Grundschullehrer war, in der Schule. Die in der Gegend von Arif-Wala lebenden Christen fürchten nun um die Sicherheit der Christin und den anderen wenigen dort lebenden christlichen Familien. In der Vergangenheit Menschen war es vorgekommen, das Personen die der Gotteslästerung beschuldigt wurden, von einem Mob religiöser Fanatiker gelyncht wurden.

Laut Javed Sohatara, dem Anwalt der Familie, hat Kashif Nadeem die christliche Witwe der Blasphemie beschuldigt, weil er einen persönlichen Hass auf die Frau hegt. „Kashif Nadeem“, so der Anwalt, „hegt einen Groll gegen die christliche Mitarbeiterin, weil die Schulverwaltung ihr die Leitung der Schulkantine übertragen hat, die zuvor von einem Verwandten von Kashif geleitet wurde, der den Vertrag verlor“. „Mit seiner Anschuldigung wollte der Mann Musarat Bibi dauerhaft aus der Schulkantine und von der Arbeit entfernen, was ihm auch gelang“, so der Mann.

Die Schulverwaltung und die Verantwortlichen der Stadt stehen unterdessen auf der Seite der Christin und des zu Unrecht angeklagten muslimischen Mannes. „Die Unterstützung der Gemeinde ist ein wichtiger Faktor für die Familie des Opfers: Dies könnte hoffentlich zu einem guten Ausgang des Falles führen“, so der Anwalt.

Joseph Jansen, Leiter der Nichtregierungsorganisation ‚Voice for Justice‘ in Pakistan, betont in seinem Kommentar zu dem Fall, dass „Menschenrechtsverletzungen in Pakistan in großem Ausmaß zunehmen und bei vielen Vorfällen die Blasphemiegesetze als Vorwand benutzt werden“. „Vor allem gegen Frauen aus religiösen Minderheiten, namentlich Hindu-Christen, wird Gewalt ausgeübt, die nicht geahndet wird“, betont er. „Aufgrund der Zunahme falscher Anschuldigungen ist in der Gemeinschaft und insbesondere in der Gegend von Arif-Wala große Angst entstanden, insbesondere unter christlichen Arbeiterinnen. Die Frauen werden von der Arbeitssuche abgehalten, was die finanzielle Not in ihren Familien vergrößert, die Armut und Verwundbarkeit erhöht und ihren sozialen Status weiter herabsetzt“, erklärt er.

„In Blasphemie-Fällen haben Kläger und Zeugen, die falsche Anschuldigungen erhoben haben, keine Konsequenzen zu tragen und werden nicht wegen Meineids verfolgt, auch wenn die Falschaussagen diese bewiesen sind“, fährt Jansen fort, „Die Bestimmung könnte, wenn sie umgesetzt wird, dazu beitragen, das Klima der Straflosigkeit zu ändern und die Beteiligten für Anschuldigungen zur Rechenschaft zu ziehen, die zum Schaden anderer erhoben werden. Ein Aktionsplan zur Beendigung des Missbrauchs dieses Gesetzes, das sich gegen die Schwächsten richtet, ist seit vielen Jahren dringend erforderlich. In mehreren Fällen haben fanatische Einzelpersonen dieses Gesetz genutzt, um die Justiz in die eigenen Hände zu nehmen und die Angeklagten zu lynchen“.

Zara Amoon Gill von „Minorities Rights Watch Pakistan“, weist auf ein weiteres Element hin: „Es sollten hochrangige Polizeibeamte und nicht bloße Agenten sein, die Beschwerden und Anschuldigungen wegen Blasphemie registrieren“. Sie hält es für notwendig, „falsche Zeugen strafrechtlich zu verfolgen“. „Wir fordern die Regierung dringend auf, die Sicherheit der Angeklagten bis zum Gerichtsurteil zu gewährleisten, um sie vor extremistischer Gewalt zu schützen“, betont sie. (Quelle: Fidesdienst, Bild: TUBS/wikipedia)