„Panische Angst von Boko Haram“



kamerun

Mitte Februar starben bei einem Selbstmordanschlag im Norden Kameruns mindestens 20 Menschen, mehr als 50 wurden verletzt. Zwei Attentäterinnen sprengten sich auf dem Marktplatz der Ortschaft Memé in die Luft. Es wird vermutet, dass sie der islamistischen Terrorgruppe Boko Haram angehörten. Nach Regierungsangaben wurden seit 2013 mehr als 1200 Menschen in der Region durch Anschläge getötet. Sie liegt nur wenige Kilometer von der Grenze zu Nordnigeria entfernt, das als Brutstätte von Boko Haram gilt. Das weltweite katholische Hilfswerk „Kirche in Not“ sprach mit Bruno Ateba Edo über die aktuelle Lage. Der 51-Jährige leitet seit 2014 die Diözese Maroua-Mokolo, die zu den am meisten gefährdeten Gebieten gehört.

Kirche in Not: Exzellenz, gegen wen richten sich die Selbstmordanschläge?
Bischof Ateba Edo: Die Anschläge richten sich gegen Christen wie Muslime. Alle stehen im Visier! Manchmal werden gezielt Attentate auf Christen verübt. Aber viele Anschläge finden auf öffentlichen Plätzen statt, wo sie alle Bevölkerungsgruppen treffen.

Wie reagieren die Einwohner auf die Anschläge?
Die Menschen haben panische Angst vor Selbstmordanschlägen von Boko Haram. Es ist wie eine kollektive Psychose. Viele meiden größere Menschenansammlungen. Besonders unsicher ist es in den Dörfern. Die Regierung hat jetzt Bürgerwehren eingerichtet, die eng mit der Armee zusammenarbeiten. Aber dennoch kommt es immer wieder zu Anschlägen. Einzelne Bewohner werden von Boko Haram infiltriert und töten ihre Mitbürger.

Medien berichten von einer beginnenden Flüchtlingswelle aus Nordkamerun. Wie sehen Sie das?
In meinem Bistum haben über 55000 Menschen ihre Heimat verlassen. Vielen fliehen aus den Dörfern in die größeren Städte, weil es dort für sie sicherer ist. Die meisten kommen bei Freunden und Bekannten unter, aber Tausende leben auch unter freiem Himmel oder in Flüchtlingsunterkünften. Am schwierigsten ist die Lage im Grenzgebiet zu Nigeria. Die Grenze ist kaum gesichert und sehr durchlässig. Es kommen – trotz der unsicheren Situation – viele Nigerianer zu uns, die Zuflucht vor Boko Haram suchen.

Nun musste die Terrormiliz in Nigeria schwere Niederlagen einstecken und scheint insgesamt schwächer zu werden. Wie sehen Sie das?
Boko Haram ist in militärischer Hinsicht vernichtet. Was bleibt, sind die Selbstmordattentäter. Früher hat Boko Haram bewaffnete Angriffe verübt, heute sind es Anschläge … Das macht die Situation in gewisser Weise noch gefährlicher. Wer kann schon einzelne Personen überwachen?

Haben die Anschläge die Beziehungen zwischen Christen und Muslimen belastet?
Wir arbeiten hier sehr gut mit den Muslimen zusammen. Es gibt einen guten Dialog. Viele Muslime gehen zum Beispiel auf katholische Schulen. Die Angst vor dem Terror eint uns alle.

Was tut die Kirche, um die Gläubigen zu beruhigen?
Wir predigen Hoffnung und beten für den Frieden. Ich habe ein Gebet um Frieden verfasst; wir beten es jeden Tag nach der heiligen Messe. Und in diesem Heiligen Jahr der Barmherzigkeit ermuntern wir die Gläubigen, Werke der Barmherzigkeit zu üben – zum Beispiel den Flüchtlingen aus Nigeria beizustehen. Ich bin überzeugt: Gebet und Nächstenliebe wird den Hass der Extremisten besiegen.

„Kirche in Not“ steht den Christen in Nordkamerun in ihrer schwierigen Lage bei. Das Hilfswerk fördert zum Beispiel den Bau einer Halle in einem Flüchtlingslager, in dem sich 2500 Menschen zum Gebet versammeln und seelsorglich betreut werden können. Darüber hinaus unterstützt „Kirche in Not“ die Arbeit von Ordensschwestern in kirchlichen Schulen und Kindergärten sowie den Bau von Kirchen und Gemeindezentren. Um weiter vor Ort helfen zu können, bittet „Kirche in Not“ um Spenden.