Über die Situation in Nordkorea



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Wie Sie wissen, ist das „Land des ruhigen Morgens“ nach einem blutigen Bruderkrieg seit über sechzig Jahren zweigeteilt… Zuerst bin ich nach Nordkorea gereist, wo ich mich trotz der konstanten polizeilichen Überwachung vom Wahrheitsgehalt einiger Reportagen und vieler Berichte nordkoreanischer Flüchtlinge überzeugen konnte. Zunächst einmal zu den Krankenhäusern: Hier ist die Situation dramatisch. Es gibt keine Antibiotika, kein Verbandsmaterial, nicht einmal Seife. Nur ein Beispiel: Für die Serumflaschen der Infusionen werden mit abgekochtem Zuckerwasser gefüllte Bierflaschen verwendet! Ich konnte auch Schulen besuchen. Dort ist deutlich zu sehen, dass die gesamte Bevölkerung chronisch unterernährt ist, natürlich mit Ausnahme der Apparatschiks des Regimes. Hervorzuheben ist, dass ein 7-jähriges nordkoreanisches Kind durchschnittlich 20 cm kleiner ist und 10 kg weniger wiegt als ein Kind in Südkorea. Die Flüchtlinge sagen alle dasselbe: In Nordkorea „muss man entweder ein Mitglied der Partei oder einen Soldaten bezahlen, um Artikel des Grundbedarfs zu bekommen.“ Korruption gehört folglich zum Alltag. Ich habe mich auch gewundert, keine Menschen mit Behinderung zu sehen… Tatsächlich ist das rassistische und eugenische nordkoreanische Regime besessen von der Reinheit der Rasse, was die als „anormal“ bezeichneten Menschen ausschließt. Folglich werden diese aus den großen Städten verbannt.

Wie lässt sich dieses kommunistische Regime in wenigen Worten beschreiben? Nordkorea ist ein nach Außen so abgeschottetes Land, dass ohne Visum niemand einreisen und sich dort aufhalten darf… „Selbst Gott nicht“, wie die Flüchtlinge scherzhaft anmerken. Die beiden Säulen, auf die sich die Repression hauptsächlich stützt, sind einerseits die Kontrolle aller Bevölkerungsbewegungen und andererseits die in kompletter Unkenntnis über die Außenwelt belassene Bevölkerung, so dass die nordkoreanischen Flüchtlinge, denen es gelungen ist, zu fliehen, völlig verblüfft eine ganz andere Realität vorgefunden haben als die, die man ihnen seit ihrer Geburt glaubhaft gemacht hat… Sie alle erwähnen die hemmungslose marxistische Propaganda, die aus den Menschen der kommunistischen Partei ergebene Zombies macht… Der Diktator wird als wahrhafter „Gott“ dargestellt, unausweichlicher Bezugspunkt in jeder Rede, der Bildung, den Nachrichten… Die „Kim“-Dynastie, vom Großvater bis zum Enkel, der gegenwärtig an der Macht ist, ist zum Gegenstand einer wahnwitzigen Propaganda geworden, mit 30.000 Statuen und riesigen Abbildern in allen Städten und Dörfern sowie gewaltigen Plakaten mit ihren Slogans, die überall auf der Straße zu sehen sind… Die Nordkoreaner spionieren sich gegenseitig aus, unter Nachbarn oder Kollegen, und zeigen sich gegenseitig an, wenn jemand seiner Pflicht gegenüber dem „Großen Führer“ nicht nachkommt. Nach der Verhaftung des Schuldigen ruft man die Bevölkerung und die Familie zusammen, um die Verstöße des vermeintlichen Straftäters anzuprangern. Danach wird er deportiert, oder alle sehen dabei zu, wie er hingerichtet wird.

Ich möchte nun gerne über eben diese Deportationslager sprechen, was mir dann die Gelegenheit gibt, auf die Präsenz der Christen in diesem Land zu kommen. Aufgrund der Übereinstimmungen der Zeugenaussagen und der Satellitenaufnahmen des Westens kann man davon ausgehen, dass in diesen Lagern, wahrhaften Konzentrationslagern, zwischen hunderttausend und zweihunderttausend Menschen inhaftiert sind. Die Gefangenen arbeiten sechzehn Stunden am Tag, und die Brutalität der Wärter ist ihr tägliches Brot. Sie werden grausam gefoltert, von den öffentlichen Hinrichtungen der Aufsässigen ganz zu schweigen…

Unter diesen „politischen Gefangenen“ sind die Christen diejenigen, die am schlechtesten behandelt werden, da sie für Spione gehalten werden, für „Revolutions-Gegner erster Klasse“. Laut dem Regime beläuft sich ihre Zahl auf dreizehntausend, aber laut den humanitären Organisationen sind es zwischen zwanzig- und vierzigtausend. Sie werden besonders grausam behandelt: Sie werden gekreuzigt, an Bäumen oder Brücken aufgehängt, ertränkt, bei lebendigem Leibe verbrannt… Einige Zeugen berichten von solch grauenhaften Foltermethoden, dass der Anstand es mir verbietet, hier vor Ihnen näher darauf einzugehen.

Für die Führer Nordkoreas muss jede Religion verbannt werden, d.h. sowohl das Christentum als auch der Buddhismus, denn wie der marxistische „Katechismus“ besagt, ist sie Opium für das Volk. Die Nordkoreaner wissen nicht, was eine Bibel ist, und folglich auch nicht, wer Gott ist. Vor einigen Jahren eröffnete die Regierung mit viel Propaganda eine katholische Kirche, eine protestantische Kirche und eine orthodoxe Kirche in der Hauptstadt, aber das ist alles nur Schau!
Trotz alldem gibt es in Nordkorea eine Kirche im Untergrund, die permanent verfolgt wird. Ich stellte den nordkoreanischen Flüchtlingen folgende Frage: „Haben Sie gehört oder gesehen, dass einer Ihrer Nachbarn verhaftet wurde, weil er dabei erwischt worden ist, wie er bei sich zu Hause oder an einem geheimen Ort gebetet hat?“ und mehrere haben das bejaht. Und einige Informationen sickern durch: So wurde vor zwei Jahren eine schwangere 33-jährige Frau, die mit zwanzig Bibeln in ihrem Besitz verhaftet wurde, geschlagen und mit dem Kopf nach unten öffentlich aufgehängt. Im Mai 2010 wurden zwanzig Christen verhaftet, die einer „Untergrund“-Kirche angehörten. Drei davon wurden sofort getötet, die anderen deportiert. Wir glauben, dass 1995 mindestens fünftausend Christen hingerichtet wurden, nur, weil sie im Geheimen gebetet oder Bibeln verteilt haben. Viele dieser nordkoreanischen Christen haben durch die Präsenz der ausländischen Missionare im Grenzgebiet zum Christentum gefunden. Man weiß auch, dass amerikanische und kanadische Pastoren koreanischer Herkunft in politischen Gefangenenlagern eingesperrt sind, da sie Flüchtlingen geholfen haben…

Ich habe Flüchtlinge in einem Nachbarland von Nordkorea getroffen, denen, wenn sie verhaftet werden, die Zwangsrückführung droht, und somit Gefängnis, Folter, Inhaftierung im Lager und Tod. Wenn sie nicht rückgeführt werden, laufen sie die Gefahr, kriminellen Organisationen, die mit Organen handeln, in die Hände zu fallen. Frauen und kleine Mädchen können von Banden entführt und an Bauern, oder, schlimmer noch, an Bordellbesitzer verkauft werden. Ein koreanisches Mädchen kann für 800 bis 1.200 Dollar verkauft werden…
Seit über 60 Jahren versuchen Tausende von Nordkoreanern, in ein freies Land zu gelangen, aber das ist nicht einfach. Dafür muss man durch China, das sich weigert, Personen, die es weiterhin als „illegale Einwanderer“ ansieht, den Flüchtlingsstatus zu gewähren. Ohne Papiere, und somit illegal im Land, arbeiten viele, wie sie eben können, und schlagen sich durch, schlecht bezahlt, schlecht behandelt und ohne jegliche Rechte, dem Arbeitgeber hilflos ausgeliefert…

Um die Flüchtlinge aus diesem schwierigen Umfeld zu befreien, führen Schlepper, die ihr Leben riskieren, sich aber fürstlich dafür entlohnen lassen, diejenigen, die das möchten, über die Mongolei, Laos, Vietnam und Thailand nach Südkorea, Kanada, in die Vereinigten Staaten und andere Länder. Um jemanden aus Nordkorea in ein Drittland zu schleusen, muss man zwischen 4.000 bis 5.000 Euro für falsche Pässe, Transport, Nahrung, die Entlohnung des Schleppers und Bestechungsgelder für Zoll- oder Polizeibeamte aufbringen. Es versteht sich von selbst, dass diese „Verträge“ sehr willkürlich sind, und es kommt vor, dass der Schlepper in letzter Minute beschließt, den Preis zu erhöhen…

Beim Treffen mit den Flüchtlingen aus Nordkorea habe ich solch unerträgliche Dinge gehört, dass mit vor Schmerz und Scham die Tränen aus den Augen gelaufen sind. Wie können Menschen nur solch furchtbare Taten begehen? Wie ist es möglich, dass so viele Menschenleben mit der allergrößten Gleichgültigkeit mit Füßen getreten werden?

Als Missionar, als katholischer Priester spreche ich also im Namen aller Koreaner, die seit über sechzig Jahren einen der längsten Kreuzwege in der Geschichte der Menschheit erleiden! Ich spreche im Namen all jener, denen man ohne Betäubung ein Auge oder ein Körperglied ausreißt, um es reichen Chinesen, Japanern oder anderen zu implantieren! Ich spreche im Namen der Nordkoreaner, die Sklavenhändlern zum Opfer gefallen sind!

Die Flucht von Tausenden von Männern, Frauen und Kindern ist ein bedeutender Fakt, dessen politische und diplomatische Tragweite betont werden muss. Leider fordern die Nachbarländer Nordkoreas oder weiter entfernte Länder in Europa oder Amerika lediglich einige Änderungen im Namen der „Menschenrechte“, ohne den aktuellen Status quo in Frage zu stellen, im Namen „ausgeglichener internationaler Beziehungen“, wie sie sagen, was einen „kompromisshaften Frieden“ sicherstellt und die Befreiung Nordkoreas ebenso wie die Wiedervereinigung des Landes in weite Ferne rückt! Schlussfolgernd kann man sagen, dass, wenn man sich auf bloßes geopolitisches Kalkül verlässt, die einundzwanzig Millionen Nordkoreaner die Gefahr laufen, noch lange darauf zu warten, bis sich ihr Schicksal ändert… Wenn es nicht zu einem Eingreifen Gottes kommt. Darum beten wir jeden Tag inbrünstig für dieses gekreuzigte Volk…

Barmherziger Herr Jesus Christus,
Ich bitte Dich darum, unsere nordkoreanischen Brüder und Schwestern von den Ketten zu befreien, die sie nun schon seit über 70 Jahren fesseln.
Richte Deinen Blick der Liebe auf dieses leidende Volk…
Lehre der durch einen Bruderkrieg in Nord und Süd geteilten koreanischen Nation den Frieden. Hilf uns, zur Wiederversöhnung beizutragen, ohne uns von Hoffnungslosigkeit überwältigen zu lassen.
Guter Hirte, nimm all unsere nordkoreanischen Schwestern und Brüder in Deine Arme auf, jeden Einzelnen von ihnen. Umarme sie mit Deiner rettenden Zärtlichkeit.
Möge Unsere Liebe Frau von Fatima die Mauer des Kommunismus sprengen und ihnen helfen, als Kinder Gottes Freiheit und Lebensfreude zu finden.