„Euch an meiner Seite zu haben“
Iran ist eines der Länder, die am härtesten vom Ausbruch des Coronavirus betroffen sind. Mehrere der dort inhaftierten Christen wurden im Zuge der Anstrengungen zur Eindämmung der Pandemie entlassen. Andere, wie der im Mai 2017 zu zehn Jahren Haft verurteilte Nasser Navard Gol-Tapeh, verbüßen unverändert ihre Strafe. Den folgenden, sehr emotionalen Brief schrieb er jüngst aus dem Evin-Gefängnis in Teheran.
„Niemals könnte ich all das allein durchstehen“
Im Namen des Herrn, „wahrlich, ihr seid unsere Ehreund unsere Freude“ (1.Thessalonicher 2,20). An alle lieben Brüder und Schwestern, die von Gottes Liebe und Gnade beschenkt sind.
Ich sende euch Grüße, während ichmich hinter den hohen und mit Stacheldraht bewehrten Mauern des Evin-Gefängnisses nach eurer Gemeinschaft sehne. Mein Herzist voller Liebe, Fürsorge und Dankbarkeit,wennich über all die Erinnerungen an unsere Zeiten der Gemeinschaftnachsinne. Ich schreibe auf, was aus meinem Herzen zu euch hinausdringt. Ich erinnere mich an eure geistlichen Zusammenkünfte, in denen ihrin Einheit des Geistes und des Herzens Lieder für den Herrn gesungen habt, um ihn zu verherrlichen. Ich bin [im Geist] bei euch. Mauern und Entfernungen halten mich nicht fern, auch wenn ich deshalbKummer empfinde; ihr seid immer in meinen Gebeten […]. Ich danke Gott für die Unterstützung, mit derihr michbeschenkt habt, […] dass ihr meine Lasten geteilt, mir Kraft gegeben und mich ständig ermutigt habt. Wie glücklich bin ich, euch an meiner Seite zu haben!Niemals könnte ich all das allein durchstehen; der Herr trägt mich […] mit der Wärme eurer Liebe durch die Härte dieses Kerkers. Die wichtigste Botschaft, die ich hörte, war, einander zu lieben. Möge die Liebe und Fürsorge des Herrn mit euch sein und euch beschützen. „Wer will uns scheiden von der Liebe Christi? Trübsal oder Angst oder Verfolgung oder Hunger oder Blöße oder Gefahr oder Tod?“–(Römer 8,35)
Mit all meiner Liebe und Fürsorge
Nasser Navard
Ähnlich wie der 58-jährige Gol-Tapeh verbüßen derzeit noch drei weitere Christen wegen ihres Glaubens zehnjährige Haftstrafen im Evin-Gefängnis (offizielle Anklage: Gefährdung der nationalen Sicherheit u.a.): Yousef Nadarkhani (42), Mohammad Reza (Yohan) Omidi (46), und Zaman (Saheb) Fadaei (36).
Mehrere Christen wegen der Pandemie vorzeitig entlassen
Erfreuliches gibt es dagegen von anderen ehemals inhaftierten Christen zu berichten, die aufgrund der Corona-Pandemie wieder in Freiheit sind. Unter dem Eindruck der Entwicklung in China, wo Gefängnisse als Brandherde der Ausbreitung des Virus identifiziert wurden, hat die iranische Regierung im März über 80.000 Häftlinge entlassen. Darunter befanden sich einige Christen, denen zunächst nur eine begrenzte Zeit des Freigangs zugestanden wurde, unter anderem Mahrokh Ghanbari (62) und Amin Khaki (36). Mahrokh Ghanbari wurde am 2. April bei ihrer planmäßigen Rückkehr ins Gefängnis mitgeteilt, man „benötige“ sie dort nicht mehr. Am 6. April wurde auch Amin Khaki darüber in Kenntnis gesetzt, dass seine Haft ohne Auflagen beendet sei. Beide hoffen darauf, dass die Behörden ihnen die zwischenzeitlich hinterlegte Kaution zurückzahlen. (Quelle: Open Doors, Bild: hansueli-krapf)