Geflohene Christen in Lebensgefahr



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„Wir wissen, was du vorhast, und wenn du nicht zum Gebet kommst, werden wir dafür sorgen, dass deine Leiche und die deiner ganzen Familie dort hingeworfen werden“, sagten die Männer. Die Worte trafen Jamal* wie ein Hammer. Er wusste: Als afghanischer Flüchtling hatte er in diesem Land keine Rechte, und sein Glaube an Jesus war obendrein für viele Muslime Grund genug, ihn sofort zu töten.

„Hier haben wir zwei Christen getötet – willst du auch dort liegen?“

Mehr als ein Jahr nach dem Fall von Kabul sind Tausende geflüchteter Afghanen in den Nachbarländern auf sich allein gestellt. Unter ihnen sind auch einige Christen wie Jamal, für die der nahende Winter nur eine von vielen Herausforderungen ist. Als eine Kontaktperson ihn traf, hatte er vor lauter Angst und Sorge seit Tagen nichts mehr gegessen. Seine Erlebnisse geben Einblick die Situation vieler Flüchtlinge.

Im letzten Monat war Jamal unterwegs zu seiner Schwester, um ihr eine Decke zu bringen. Sie lebt in einem anderen Teil des Flüchtlingslagers, doch auf dem Weg zu ihr wurde er von einer Gruppe von Männern aufgehalten. Sie zogen ihn zur Seite in eine Gasse und drohten ihm: „Hier haben wir vor zwei Jahren zwei Christen getötet. Wir können dir die genaue Stelle zeigen, an der wir ihre Leichen verrotten ließen. Willst du auch dort liegen?“

Jamal sagte gegenüber lokalen Kontaktpersonen, dass es sich bei den Männern um einheimische Ordnungshüter handelt. Sie sind selbst auch Flüchtlinge, arbeiten aber für die Regierung des Gastlandes. „Sie informieren die Behörden über Menschen, die in irgendeiner Weise verdächtig sind“, erklärt der Kontakt. „Jeder hier kennt die Geschichte der beiden Christen, die an diesem Ort getötet wurden, und Jamal und die anderen Christen wissen, dass dies keine leeren Drohungen sind.“

Familien bleiben ohne Männer zurück

Jahrzehntelange Konflikte, politische Instabilität, wirtschaftliche Probleme und die Übernahme des Landes durch die Taliban im vergangenen Jahr haben mindestens 2,6 Millionen Afghanen zur Flucht ins Ausland gezwungen. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks sind allein in Iran und in Pakistan etwa 2,2 Millionen geflüchtete Afghanen registriert.

Neben den Bedrohungen in den Flüchtlingslagern ist eine weitere große Angst der afghanischen Flüchtlinge, von der Polizei aufgegriffen und in ihr Heimatland zurückgeschickt zu werden. Einige von ihnen berichteten, dass immer mehr Männer abgeschoben werden, sodass Familien ohne Ehemänner und Väter zurückbleiben. „Die abgeschobenen Flüchtlinge hatten nicht einmal die Möglichkeit, die Maßnahmen der Behörden vor Gericht anzufechten“, schildert ein lokaler Kontaktmann einen solchen Vorfall. Dies hat dazu geführt, dass die Flüchtlingsfamilien Angst haben, aus dem Haus zu gehen, was ihre Chancen beeinträchtigt, Arbeit zu finden, um Geld für die Ernährung ihrer Familien zu verdienen.

Ein Flüchtling berichtete, dass zwei seiner Nachbarn am Vortag festgenommen und über die Grenze nach Afghanistan geschickt worden seien. „Aus welchem Grund sie so schnell abgeschoben wurden, weiß niemand“, sagte der Kontaktmann. „Die beiden arbeiteten in Geschäften, Cafés und Restaurants in kleinen Städten. Fast alle diese Stellen sind jetzt geschlossen worden“, sagte er. Eine Rückkehr nach Afghanistan stellt ein hohes Risiko dar, insbesondere für Christen. Die meisten von ihnen sind vom Islam konvertiert, worauf laut den Taliban die Todesstrafe steht. (Quelle: Open Doors)