Zunehmende Bedrängnis



moskau

Es geht religionsfeindlich zu wie unter Kommunisten. Evangelische Christen in Russland beklagen, dass ihre Regierung verstärkt eine religionsfeindliche Politik betreibe, wie sie es von den früheren kommunistischen Machthabern gewohnt waren. Das berichteten Kirchenvertreter bei der Jahrestagung des Missionsbundes „Licht im Osten“, die am 22. und 23. April in Korntal bei Stuttgart stattfand. Der Leiter der russischen Partnerorganisation „Licht im Osten“, Pjotr Lunitschkin (St. Petersburg), sagte, dass die unerwartete Religionsfreiheit nach dem Zerfall der ehemaligen Sowjetunion offensichtlich zu Ende gehe. „Gottlose Menschen“ an der Spitze des Staates hätten im vergangenen Juli ein Antiterrorgesetz durchgesetzt, das sich unter anderem stark gegen die Aktivitäten evangelischer Gemeinden richte. So dürften keine Gottesdienste mehr in Wohnungen oder Büros gefeiert werden, sondern nur in „religiösen Gebäuden“. Alle zur Weitergabe bestimmten Bücher oder Traktate müssten einzeln mit einem Stempel versehen werden, der den vollen Namen der für die Verbreitung verantwortlichen religiösen Organisation enthalte. Andernfalls drohten Strafen für Privatpersonen von bis zu 100 Euro und für Organisationen von bis zu 20.000 Euro. „Solche Gesetze gab es nicht einmal, als Atheisten am Ruder waren“, sagte Lunitschkin. Allerdings könne man trotz dieser strengen Gesetze noch nicht von einer systematischen Christenverfolgung sprechen. Massiven Gegenwind erführen die Gemeinden auch durch die Medien. Protestanten würden mit Terroristen verglichen sowie als Feinde des Volkes und Spione der USA bezeichnet. In einigen Orten seien evangelische Gemeindehäuser von Unbekannten ausgeraubt und angezündet worden. Die Polizei unternehme aber keine besonderen Anstrengungen zur Ermittlung der Täter.

Ostukraine: Was tut die russisch-orthodoxe Kirche?

Auch in der Ostukraine erleben evangelische Gemeinden zunehmenden Widerstand. Viele Gemeinden seien geschlossen oder enteignet und ihre Leiter vertrieben worden, berichtete Pastor Michail Wlassenko (Poltawa). Dabei beriefen sich die Separatisten häufig auf einen kirchlichen Auftrag. Für die betroffenen Gemeinden sei klar, dass die russisch-orthodoxe Kirche hinter den Aktionen stehe. „Niemand hat geahnt, dass es im 21. Jahrhundert in einem freien Land Christenverfolgungen gibt“, sagte Wlassenko. Die wirtschaftliche Lage in den besetzten Gebieten bezeichnete er als aussichtslos. Russland liefere zwar Lebensmittel, doch seien sie von schlechter Qualität und oft verdorben. Deshalb flüchteten immer mehr Menschen in andere Teile der Ukraine. Sie würden jedoch nicht mit offenen Armen empfangen, so dass zum Verlust von Hab und Gut auch Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung kämen. Ihnen müsse materiell und seelsorgerlich geholfen werden, was die meisten Gemeinden jedoch überfordere. (Quelle: idea, Foto: Christophe Meneboeuf)