Öffentl. Ausübung des Glaubens verboten



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Mitgliedern von Gemeinschaften, die ihre Religions- bzw. Glaubensfreiheit ohne spezielle Erlaubnis durch den Russischen Staat in der Öffentlichkeit ausüben, drohen Strafen in fünfstelligen Rubelbeträgen, wenn sie die örtlichen Behörden nicht im Voraus informieren. Die Strafen bewegen sich zwischen 20.000 und 30.000 Rubel (290 – 430 €) für Personen; für Gruppen kann die Strafe bis zu 40.000 Rubel (575 €) betragen. Ein protestantischer Leiter aus Sotchi wurde mit einer solchen Geldstrafe belegt, weil er ein Gebetstreffen und Bibelstudium in einem gemieteten Kaffeehaus abgehalten hatte. Die Sicherheitsbehörde FSB stand hinter der Strafanzeige. Sie hatte Beamte zur Teilnahme an dem Treffen entsandt. Ein Baptist aus Smolensk wurde wegen des Verteilens christlicher Literatur in einem öffentlichen Park bestraft. Das Berufungsverfahren gegen die Geldstrafe läuft. Ähnlich erging es einem Baptisten aus Orel, der mit einer Gruppe christliche Lieder auf einem Spielplatz gesungen hatte.

Die gesetzliche Grundlage: Die öffentliche Ausübung der Religionsfreiheit wird durch das Religionsgesetz von 1997 und das Demonstrationsgesetz von 2004 geregelt. Im Demonstrationsgesetz werden Orte angeführt, an denen religiöse Veranstaltungen grundsätzlich nicht gestattet sind, so z.B. vor der Residenz des Präsidenten. In Artikel 16 des Religionsgesetzes sind die Orte aufgezählt, wo „Gottesdienste, Riten und andere Zeremonien“ uneingeschränkt und ohne Meldepflicht an die Behörden erlaubt sind. Für Versammlungen an anderen Orten besteht in gewissen Fällen eine Anmeldepflicht, jedoch keine Genehmigungspflicht. Dennoch berufen sich Behörden immer wieder darauf, dass keine Genehmigung vorläge und verhängen Geldstrafen nach Artikel 20 des Verwaltungsgesetzbuchs, der die Genehmigungspflicht von Versammlungen, Demonstrationen, Streikposten etc. regelt.

Eine günstige Auswirkung auf die Berufung des protestantischen Leiters aus Sotchi könnte die kürzlich erfolgte Gesetzesänderung haben, durch die die Meldepflicht für religiöse Versammlungen in von Religionsgemeinschaften gemieteten Räumen wegfällt.

Negativ auswirken könnte sich der neue Artikel 212.1 des Strafgesetzbuchs, der wiederholte Verstöße gegen die Bestimmungen von Artikel 20 des Verwaltungsgesetzbuchs, betreffend Versammlungen, Demonstrationen, Streikposten, etc. zum strafrechtlichen Delikt macht.

Ob diese Bestimmungen auch auf religiöse Versammlungen angewandt werden, bleibt abzuwarten. Aleksandr Verkhovsky vom SOVA Zentrum für Information und Analyse meint, dass die Behörden diese Bestimmungen vermutlich nicht gegen Religionsgemeinschaften, sondern vor allem gegen protestierende politische Aktivisten anwenden werden. Die mangelnde Eindeutigkeit der Bestimmungen bezüglich ihres Geltungsbereichs lässt jedoch weite Interpretationsspielräume für die Behörden. (Quelle: Forum 18)