Zwei Ordensfrauen beschuldigt



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Radikale Hindus beschuldigen zwei Ordensschwestern illegaler Konversionen in Indien. Ein neuer, Ende Oktober veröffentlichter Bericht verschiedener christlicher Nichtregierungsorganisationen mit dem Titel „Christians Under Attack in India“ (Christen unter Beschuss in Indien) verzeichnet für das Jahr 2021 bisher 300 Übergriffe auf Christen. In einem Fall wurden zwei katholische Ordensschwestern von einem Mob, der sie illegaler Konversionen beschuldigte, gewaltsam zu einer Polizeistation geschleppt. KIRCHE IN NOT sprach mit den Schwestern.

Die beiden katholische Schwestern stehen noch immer unter Schock, nachdem sie an einer Bushaltestelle von einem Hindu-Mob gepackt und zu einer Polizeistation in Bhopal im Bezirk Mau im nordindischen Bundesstaat Uttar Pradesh gebracht wurden.

Schwester Monteiro, die den Ursulinen-Franziskanerinnen angehört, war mit ihrer Begleiterin Schwester Roshi Minj, die ihren kranken Vater im ostindischen Bundesstaat Jharkhand besuchen wollte, gerade an einer Bushaltestelle angekommen, als sich der Vorfall ereignete.

„Als ich Schwester Minj abgesetzt hatte und wieder in unseren Jeep stieg, begann eine Gruppe von Hindu-Männern, den Fahrer zu beschimpfen und versuchte, ihn aus seinem Sitz zu zerren“, berichtete Schwester Monteiro gegenüber KIRCHE IN NOT (ACN) und fügte hinzu: „Ich stehe immer noch unter Schock. Ich schritt ein, um dem Fahrer zu helfen, und fragte die Männer, was sie wollten und warum sie uns belästigten. Sie schrien uns an und beschuldigten uns, einen Hindu zum Christentum bekehrt zu haben“, sagte sie.

„Bald darauf entdeckten sie Schwester Minj, zerrten sie ebenfalls gewaltsam von der Bushaltestelle weg und brachten uns zur nahe gelegenen Polizeistation.“ Während sie zur Polizeiwache gebracht wurden, skandierte der Mob antichristliche Slogans. 

Die Schwestern wurden gezwungen, mehr als sechs Stunden auf der Polizeiwache zu bleiben.  Erst am Abend wurden sie nach dem Eingreifen höherer Beamter freigelassen. Nach Angaben der Nonnen wurden sie von den Polizeibeamten nicht schikaniert, sondern mussten offenbar wegen der Bedrohung durch den Hindu-Mob warten, der draußen Wache hielt und Maßnahmen gegen sie wegen angeblich illegaler religiöser Konversion forderte. 

Uttar Pradesh, der bevölkerungsreichste Bundesstaat Indiens, hat im November 2020 die Konversion durch eine Verordnung verboten, die im Februar dieses Jahres von der Staatsversammlung in Kraft gesetzt wurde. Das Gesetz sieht bis zu 10 Jahre Gefängnis für religiöse Bekehrung durch Verlockung, Gewalt, Nötigung und Betrug sowie andere illegale Mittel vor. 

Uttar Pradesh ist der jüngste von acht indischen Bundesstaaten, in denen es solche Gesetze zur Regelung der religiösen Konversion gibt. Kirchenführer stellen die Rechtmäßigkeit dieser Gesetze in Frage und werfen ihnen vor, dass sie gegen die indische Verfassung verstoßen, die es den Bürgern erlaubt, der Religion ihrer Wahl zu folgen und diese frei zu verbreiten.

„Wir haben nichts Falsches oder Illegales getan, und doch wurden wir in aller Öffentlichkeit gewaltsam zur Polizeiwache gebracht. Das ist ziemlich schockierend, und wir hätten uns eine solche Situation nie im Leben vorstellen können“, sagte Schwester Monteiro, die seit 21 Jahren Ordensschwester ist und derzeit als Direktorin in einer von der Kirche betriebenen Sekundarschule arbeitet. 

„Niemand würde eine solche Behandlung in der Öffentlichkeit erwarten. Die Männer umzingelten uns, als wären wir asoziale Elemente“, sagte Schwester Minj gegenüber KIRCHE IN NOT.  „Als sie mich zwangen, sie zu begleiten, dachte ich zuerst, dass Schwester Monteiro etwas zugestoßen sein musste, aber als ich sie erreichte, sah ich, dass der Mob auf die Christen schimpfte und uns der religiösen Bekehrung beschuldigte.“

„Eines ist sicher: Das Leben der christlichen Missionare, insbesondere das der Schwestern mit ihren Ordensgewändern, wird in Uttar Pradesh nicht mehr dasselbe sein“, so Schwester Minj, die ausgebildete Krankenschwester ist.
Uttar Pradesh wird derzeit von dem asketischen Hindu Yogi Adityanath regiert, einem Mitglied der hindu-nationalistischen Bharatiya Janata Party (BJP). Seit Adityanaths Amtsantritt im März 2017 wurden in Uttar Pradesh 384 Übergriffe auf Menschen, die der christlichen Minderheit angehören, verzeichnet. Muslime sind ähnlichen Angriffen von einflussreichen radikalen Hindu-Gruppen ausgesetzt, die stillschweigend von staatlichen Stellen unterstützt werden.

„Ich kümmere mich jeden Tag ohne zu zögern um einige Patienten, aber die Dinge haben sich nach diesem Vorfall sehr verändert“, sagt Schwester Minj und fügt hinzu, dass „wir unsere Mission fortsetzen werden, trotz aller Herausforderungen und Anfechtungen“.

Am gleichen Tag, an dem die Schwestern festgenommen wurden, verhaftete die Polizei auch sieben Protestanten, darunter drei Frauen, und bezeichnete ihr Gebetstreffen als eine Zeremonie für illegale religiöse Konversionen. Es ist wahrscheinlich, dass der hinduistische Mob zunächst vermutete, dass die Schwestern Menschen zu dem Treffen bringen wollten.

Christen machen nur 0,18 Prozent der 200 Millionen Einwohner des Bundesstaates Uttar Pradesh aus, doch extremistische Hindu-Gruppen greifen die Gläubigen immer wieder wegen angeblicher religiöser Bekehrungen an und stören häufig Gebetstreffen und andere Aktivitäten.