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Die Universalität der katholischen Kirche wird an vielen Orten deutlich, wo sich das Christentum in der Minderheit befindet, so auch in Marokko, einem Land mit 37 Millionen Einwohnern, von denen 99,9% Muslime und nur 0,08 Katholiken sind. Dort leistet eine kleine, aber große Kirche ihre pastorale Arbeit unter den katholischen Gläubigen. Vor allem engagiert sie sich aber für den am stärksten benachteiligten Teil der marokkanischen Bevölkerung sowie für die Tausenden von jungen Menschen, die aus der Subsahara kommend auf der Suche nach einer Zukunft im idealisierten Europa die Wüste durchqueren. Dorthin, an die Grenze zwischen Afrika und Europa, wird Papst Franziskus am 30. und 31. März reisen, und auf Einladung des Königs Mohamed VI. und der Bischöfe des Landes die Städte Rabat und Casablanca besuchen.

Anlässlich einer Fernsehsendung hat María Lozano für KIRCHE IN NOT (ACN) Msgr. Cristóbal López Romero, den Bischof von Rabat, interviewt. Der Salesianer Don Boscos schildert, was es bedeutet, in dieser Nation im Norden Afrikas zu leben und zu arbeiten.

„Die katholische Kirche existiert in Marokko“, sagt der Bischof voller Stolz gleich zu Beginn des Gesprächs. „Sie ist eine lebendige und junge Kirche, mit Gnaden gesegnet und mit dem ausgeprägten Wunsch, Zeugnis abzulegen. Das nordafrikanische Land hat zwei Kathedralen, eine in Tanger und eine zweite in Rabat. Die erste stammt aus der Zeit des spanischen Protektorats, die zweite aus der Zeit des französischen Protektorats. „In unsere Kirchen“, fährt López Romero fort, „kommen mehr junge als alte Menschen, mehr Männer als Frauen und mehr Schwarze als Weiße“. In Marokko besteht die Kirche hauptsächlich aus Ausländern, aus Gläubigen aus mehr als 100 verschiedenen Ländern. Sie arbeiten in der Regel in Unternehmen, die in Marokko Niederlassungen unterhalten. Darüber hinaus stammen viele von ihnen aus Ländern südlich der Sahara, etwa aus dem Kongo, aus Senegal oder der Elfenbeinküste. Diese kommen zum Studium in das Land und finden in der katholischen Kirche die „Geborgenheit“, die sie suchen. Die katholischen Ordensleute, die im Land arbeiten, stammen aus mehr als 40 verschiedenen Nationen. Bischof López erklärt dazu: „katholisch zu sein heißt, universal, weltumfassend zu sein“. Diese Universalität bedeutet, dass die Menschen die individuellen Besonderheiten beiseite legen und sich auf das Gemeinsame konzentrieren: „Wir schauen auf das Wichtige, auf das Wesentliche. Die Unterschiede bereichern uns, wir sind offen füreinander, und sehen den Unterschied als Chance, nicht als Problem.“

Kirche als Samariterin

Die Kirche in Marokko und die Einrichtungen, mit denen sie zusammenarbeitet, nehmen die Schwächsten unabhängig von ihrer Herkunft auf und helfen ihnen. Sie engagieren sich insbesondere innerhalb der marokkanischen Gesellschaft sowie unter den aus Ländern südlich der Sahara kommenden Einwanderern, die versuchen, Europa zu erreichen oder in Nordafrika zu bleiben. „Die Kirche setzt die Aufnahme und Fürsorge für die Bedürftigen in die Praxis um, d.h. sie ist eine samaritanische Kirche“, sagt der Interviewte. Durch die Caritas betreut Marokko Tausende von Migranten, die die Sahara durchqueren, und nach dieser harten Durchquerung gweissermaßen im Land „stecken bleiben“, ohne nach Europa gelangen zu können. „Diese Menschen müssen betreut und gehört werden. Die meisten sind bei ihrer Ankunft krank, und viele Frauen schwanger. Die Kirche „nimmt sie auf. Sie beschützt, fördert und gliedert sie ein, so wie es Papst Franziskus fordert.“ Die Arbeit der Kirche in Marokko ist so wichtig, dass „auch die muslimischen Behörden sie schätzen“.

Auf die Frage, warum junge Menschen aus Afrika fliehen, erklärt Bischof López, dass für die Mehrheit der jungen Migranten wirtschaftliche Gründe ausschlaggebend sind. Sie fliehen vor Armut und Arbeitslosigkeit, viele von ihnen aber ebenfalls vor Krieg, Kampfhandlungen, Verfolgung oder Naturkatastrophen. Nach Ansicht des Bischofs von Rabat wird das Migrationsproblem in Afrika kaum zu lösen sein, solange „in Europa 30% der produzierten Lebensmittel weiterhin weggeworfen werden“, und dort „im Überfluss und prunksüchtig“ gelebt und gleichzeitig verlangt wird, dass diejenigen, „die im Elend leben, sich untätig in ihr Schicksal fügen“, und sich die Gesellschaft dieses Verhaltens nicht bewusst macht. „Es ist wenig christlich, ja unmenschlich, dass Europa seine Grenzen abschirmt, um nicht teilen zu müssen, was allen gehört und was Europa sich angeeignet hat“, bemerkt der Ordensangehörige mit empörter Stimme. Der Bischof erinnert dabei an die Worte von Papst Franziskus: „Kapitalismus tötet“. „Statt Hilfe zu leisten, sollten wir für die Rohstoffe bezahlen, die wir ausbeuten. Sorgen wir dafür, dass die multinationalen Konzerne die Steuern zahlen, die sie schulden“. Er fordert, dass Afrika nicht „mit Brosamen, sondern mit Gerechtigkeit und Entwicklungsplänen“ geholfen wird. „Ohne Liebe sind wir nichts, ohne Gerechtigkeit sind wir noch weniger“.

„Der junge Marokkaner“ – der Bischof kehrt zum vorigen Thema zurück – „ist in seinem eigenen Land eingesperrt“. Aufgrund seiner geografischen Lage leidet Marokko darunter, dass es keinen realistischen Weg aus dem Land gibt. Im Süden befindet sich die große Wüste Sahara, im Westen der Atlantik, im Osten Algerien – und die Grenze zu diesem Land ist wegen des Krieges geschlossen – sowie im Norden Europa. „Viele junge Menschen aus Marokko fragen, und weisen dabei auf Spanien hin: Warum können sie hierher kommen, und ich kann nicht dorthin fahren?“

Gibt es Religionsfreiheit in Marokko? 

Eine ganz andere Frage, auf die Franziskus sicherlich bei seiner Reise stoßen wird, ist die Lage der Religionsfreiheit im Land. Wie die Päpstliche Stiftung KIRCHE IN NOT in ihrem Bericht zur Religionsfreiheit weltweit 2018 feststellt, ist das Königreich Marokko gemäß seiner Verfassung ein souveräner muslimischer Staat. In Artikel 3 heißt es: „Der Islam ist Staatsreligion; der Staat gewährleistet allen Menschen die freie Religionsausübung.” Aber die Verfassung selbst verbietet es politischen Parteien, parlamentarische oder verfassungsmäßige Änderungen vorzunehmen, die dem Islam zuwiderlaufen. Das Europäische Parlament hat im Hinblick auf die Religionsfreiheit festgestellt, dass diese zwar in der marokkanischen Verfassung verankert ist, dass jedoch „Christen und vor allem zum Christentum konvertierte Muslime zahlreichen Formen der Diskriminierung ausgesetzt sind und es ihnen nicht erlaubt ist, eine Kirche zu betreten.“ Gemäß dem marokkanischen Strafgesetzbuch ist es Nicht-Muslimen verboten, Muslime zu bekehren bzw. deren „Glauben zu erschüttern“. Auch die Verbreitung von nichtislamischen religiösen Publikationen unterliegt Beschränkungen von staatlicher Seite.