Beichten gehen? Viele Menschen halten das heute für unnötig und haben dafür viele Gründe, die allerdings meist auf Missverständnissen beruhen. Peter van Briel liegt die Aufklärung dieser Missverständnisse am Herzen. Er ist Pfarrer im Bistum Münster und hat für KIRCHE IN NOT die häufigsten Fragen und Zweifel zum Thema „Beichte“ beantwortet.
Die Beichte ist mein Eingeständnis Gott gegenüber, dass ich nicht so gelebt habe, wie es seiner Liebe entsprochen hätte – und die immer wieder überraschende Antwort Gottes, dass er mir dennoch erneut all seine Liebe schenkt. Dies kommt zum Ausdruck in einem eigenen Sakrament.
Das Sakrament der Buße darf jeder Priester spenden. In ganz seltenen Fällen kann einem Priester die Beichterlaubnis entzogen werden, aber ansonsten gilt: Jeder Priester an allen Orten der Welt steht jederzeit für eine Beichte zur Verfügung.
Erstens, grundsätzlich: Die notwendige Voraussetzung für eine Beichte ist zunächst die Taufe, da die Beichte ja eine Erneuerung der Taufgnade ist.
Zweitens, in der Vorbereitung: Für die nächste anstehende Beichte ist es vor allem wichtig, sich des eigenen Verhaltens bewusst zu werden (die sogenannte Gewissenserforschung), die nicht zu kleinkariert, aber auch nicht zu oberflächlich erfolgen sollte. Angesichts der erkannten Sünden ist es dann unverzichtbar, „Reue“ zu empfinden. Reue, das ist eine Kombination von Schmerz über die eigene Unzulänglichkeit, verbunden mit dem festen Willen, sich zu ändern.
Drittens, in der Beichte: Hier ist „nur noch“ – neben der Reue – das aufrichtige und vollständige Bekenntnis der Sünden einem Priester gegenüber zu leisten.
Sünde ist weniger das Übertreten einer Norm, sondern eine Störung meiner Beziehung zu Gott. Wenn wir „Sünde“ als Störung einer Beziehung zu Gott ansehen, dann ist eine „lässliche Sünde“ eine „leichte Störung“. Eine „schwere Sünde“ bedeutet dann eine so schwerwiegende Störung, dass ich die Beziehung nicht mehr selbst in Ordnung bringen kann. Ich bin darauf angewiesen, dass Gott die Beziehung zu mir erneuert. Das ist ein Geschenk – darauf habe ich keinen Anspruch, aber ich kann darum bitten und meine Reue und meinen guten Willen zeigen.
Wie schön wäre es, wenn das wirklich so wäre! Aber nur ein wenig Nachdenken zeigt uns, dass wir das Sündige und Böse in unserem Leben entweder verdrängen, schnell vergessen oder eifrig beschönigen. Wer nur eine kleine Gewissenserforschung hält – sagen wir nur für die letzten 24 Stunden –, kommt nicht um die Erkenntnis herum, dass er sich mit der Behauptung, nichts Böses zu tun, nur selbst etwas vormacht.
Das zeigt auch: Sünde ist nicht so sehr ein Gefühl und hängt nicht nur von einem schlechten Gewissen ab – viele Menschen fühlen sich von allen Gewissensbissen unbeschwert, aber weniger weil sie nicht gesündigt hätten, sondern weil sie besonders gut darin sind, eigenes Fehlverhalten zu ignorieren. Oft sind diese Menschen besonders empfindlich für ein Fehlverhalten anderer. Ein „Beichtspiegel“ kann hier helfen.
Das ist eine Liste mit möglichen Fragen, die ich mir selbst stelle, um vielleicht unbemerkten oder vergessenen Sünden auf die Spur zu kommen. Diese „Gewissenserforschung“ ist wie ein Spiegel, den ich mir selber vorhalte, um mein Leben und mein Verhältnis zu Gott, den Menschen und mir selbst zu betrachten. Hilfreiche Gewissenserforschungen findet man zum Beispiel im Gotteslob (Nr. 598-601).
Natürlich ist es nötig, sich direkt bei dem zu entschuldigen, dem man Unrecht getan hat. Das gehört zur Reue dazu und ist ein Teil der „Buße“, die die Kirche von uns verlangt. Noch besser ist es aber, nicht nur mit den Menschen, sondern auch gleich wieder mit Gott ins Reine zu kommen. Das heißt, sowohl zu beichten als auch die eigene Sünde wiedergutzumachen.
Jesus ist für die Sünden eines jeden Menschen – egal welcher Religion – am Kreuz gestorben. Aber diese Erlösung ist ein Angebot – wie eine Hand, die Jesus uns zur Versöhnung entgegenstreckt. Der freie Wille der Menschen wird damit nicht ausgeschaltet, sondern vor die entscheidende Frage gestellt, diese Erlösung anzunehmen. Nehmen wir die ausgestreckte Hand Jesu an? Für uns Christen ist jedes Sakrament genau das: Die ausgestreckte Hand Jesu ergreifen.
Wer getauft ist, braucht tatsächlich nicht mehr zu beichten – es sei denn, er sagt sich von Jesus los. Leider geschieht das im Leben selbst eines heiligmäßigen Christen häufiger, als wir denken. Die Beichte ist dann wie eine zweite Taufe: Nochmals die Hand Jesu ergreifen und mit ihm wieder neu beginnen.
Der Vorsatz, ab sofort ohne jede Sünde zu leben, ist immer zum Scheitern verurteilt. Aber das heißt nicht, dass wir uns nicht bessern können. Wir sollten uns niemals vornehmen, „perfekt“ zu sein, aber immer bestrebt sein, in diese Richtung zu streben.
Wenn die Kirche sich dieses Recht selbst zusprechen würde, wäre das tatsächlich eine Anmaßung, die an Gotteslästerung grenzt. Aber sie hat den Auftrag zur Sündenvergebung von Christus selbst geschenkt bekommen (vgl. Joh 20,22f.) – und seitdem ist sie verpflichtet, dieses Geschenk zwar klug und weise, aber dennoch großzügig und selbstlos für alle Sünder zugänglich zu machen.
Das kann schon einmal vorkommen, aber denken Sie daran, dass auch ein unfreundlicher Arzt heilen und helfen kann; im Härtefall steht es einem ja frei, den Arzt zu wechseln. Suchen Sie sich einen Priester Ihres Vertrauens – aber suchen Sie keine billigen Ausreden. Kämpfen Sie sich dazu durch, den gemachten schlechten Erfahrungen gute entgegenzusetzen.
Im Grunde sollten wir jedes Mal zur Beichte gehen, wenn wir den Überblick über unsere Sünden verlieren. Das mag bei jemandem, der viel Unterschiedliches erlebt und in vielen Entscheidungssituationen steht, schon nach einer Woche angebracht sein. Bei anderen kann das erst nach vier Wochen oder ein paar Monaten sein. Mindestens sollte jeder Gläubige aber einmal im Jahr vor Ostern zur Beichte gehen.
Die Freude über die geschenkte Gnade und Liebe in der Beichte ist der beste Schutz vor der Sünde. Wer erkennt, wie groß das Geschenk der Sündenvergebung ist – und was es Gott gekostet hat, unsere Sünden zu tilgen –, der will gar nicht mehr sündigen. Danach gilt es, die Gelegenheiten zur Sünde zu meiden; das kann unter Umständen auch bedeuten, dass man ganze Teile seines Lebens ändert. Sich selbst nicht in Versuchung zu führen, ist sicherlich der größte eigene Beitrag zur Heiligkeit.
Die von Pfarrer van Briel mitbegründete „Karl-Leisner-Jugend“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, im Internet auf www.karl-leisner-jugend.de wichtige theologische Fragen allgemeinverständlich zu klären. Der folgende Leitfaden, der Schritt für Schritt den Weg in den Beichtstuhl (und wieder hinaus) erklärt, ist in Anlehnung an diese Internetseite entstanden.
Gott. Jedes Sakrament ist nur deshalb ein Sakrament, weil Gott darin wirkt. Der Priester ist nur die „Außenseite“ Gottes. Weil wir Menschen leiblich-seelische Wesen sind, hat Gott für die ganz wichtigen Ereignisse in unserer Beziehung zu ihm den seelischen Vorgängen eine leibliche (d. h. sichtbare, hörbare und fühlbare) Komponente verliehen. Das ist bei der Beichte der Priester. Der eigentlich Handelnde ist und bleibt aber Gott.
Meine Sünden vor Gott bekennen sollte ich täglich – die Kirche nennt das „Gewissenserforschung“. Am Ende jedes Tages blicke ich zurück und versuche, meine Taten mit den Augen Gottes zu betrachten und mich zu fragen: „Was war gut, was schlecht?“ Aber das genügt nicht. Zum einen besteht die Gefahr, für Einsichten blind oder taub zu werden: entweder weil sie mir zu unangenehm sind oder weil sie so großartig sind, dass ich sie nicht glauben kann. Wir alle sind ziemlich schlecht in Selbstkritik. Durch den Priester kann mir Gott jedoch die Augen für unbekannte Sünden öffnen. In ihm begegnet uns Jesus Christus selbst, und in seinem Spiegel erkennen wir uns erst richtig.
Zum anderen hat der Priester eine von Jesus Christus direkt eingesetzte Mittlerfunktion, die zur Versöhnung des Menschen mit Gott unersetzlich ist. Jesus sagt zu seinen Aposteln und somit auch deren Nachfolgern, den Bischöfen und Priestern: „Denen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; denen ihr sie behaltet, sind sie behalten“ (Joh 20,23). Das ist eine klare Ansage und die Grundlage für das Sakrament der Buße.
Der Priester ist nicht nur verpflichtet, über die gebeichteten Sünden Stillschweigen zu bewahren – er darf auch sein eigenes Reden, Handeln und sogar Denken nicht an dem Gehörten ausrichten.
Aber wirklich zu „vergessen“, was gebeichtet worden ist, gelingt nicht jedem Priester. Wer also außerhalb der Beichte mit einem Priester viel zu tun hat, darf sich ruhig für die Beichte einen anderen Priester suchen, dem er im Alltag nicht begegnet. Vor allem Ordenspriester sind deshalb beliebte Beichtväter.