Pfarrer Albert Toungoumale-Baba war einer von vielen Menschen, die am 1. Mai 2018 bei einem Angriff auf die Kirche „Unsere Liebe Frau von Fatima“ in der Hauptstadt Bangui ums Leben kamen.
Die Kirche wurde von einer bewaffneten Gruppe Männer angegriffen, als Pfarrer Albert Toungoumale-Baba gerade die heilige Messe in Gedenken an den heiligen Josef mit Gläubigen feierte. Die Angreifer warfen Handgranaten auf die Gemeinde, die 16 Menschen töteten – darunter auch Pfarrer Albert – und über 100 weitere Menschen verletzten.
Der Priester war ein unermüdlicher Kämpfer für Frieden in seinem Land und hatte tausende Flüchtlinge in seiner Gemeinde aufgenommen. In einer Nachricht, die er vor seinem Tod KIRCHE IN NOT und seinen Unterstützern zukommen ließ, hieß es: „Unser Land ist verwundet und bedürftig. Bitte betet für uns ohne Unterlass, so wie Jesus es uns gelehrt hat. Bitte betet jeden Tag für uns!”
KIRCHE IN NOT hat auf diese Attacke umgehend reagiert und den Betroffenen der Gemeinde Soforthilfe zukommen lassen. 2019 hat KIRCHE IN NOT die Ausbildung von 45 Seminaristen und angehenden Priestern unterstützt. Außerdem wurden Exerzitien für 50 Priester bezuschusst und eine katholische Radiostation in Bangui mit aufgebaut sowie viele weitere Projekte unterstützt, wie beispielsweise die Reparatur eines Wassertanks für das Priesterseminar und weiterer Wassertanks in Bangui.
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Frohes Neues Jahr! So lauten die meistgehörten Worte dieser Tage. Es sind auch die ersten drei Worte von Msgr. Juan José Aguirre, Bischof von Bangassou im Südosten der Zentralafrikanischen Republik, an das Hilfswerk KIRCHE IN NOT (ACN). Daran wäre nichts Besonderes, wäre da nicht die Tatsache, dass er sie ausspricht, nur einen Tag nachdem seine Stadt von bewaffneten Rebellengruppen eingenommen wurde und während die Kämpfe in verschiedenen Stadtteilen noch immer andauern.
Er wünscht anderen, was weder ihm noch seinem Volk bislang beschieden ist, denn eine Rebellenkoalition, die der Regierung vorwirft, die Wahlen vom 27. Dezember manipuliert zu haben, hat in den letzten Wochen mehrere Städte angegriffen und kontrolliert nun nicht nur Bangassou, sondern einen Großteil des Landes.
Regierungssoldaten mussten am 3. Januar nach mehreren Angriffen schließlich fliehen, nachdem sie bei den Feuergefechten sämtliche Munition verbraucht hatten. „Die haben mich und mein Volk im Stich gelassen. Gott war stumm an unserer Seite.“ So empfindet der Missionar, der aber sagt, er fühle sich nicht allein, obwohl viele in den Kongo geflohen seien, in das Nachbarland, von dem sie nur durch einen Fluss getrennt sind. „In dunkelster Nacht warst du da, aber schlafend“, sagt Bischof Aguirre zu diesem schweigenden, aber präsenten Gott.
„Wir haben hier in der Mission eine ruhige Nacht verbracht – eine Nacht in angespannter Ruhe. Ein Panzer der Multidimensionalen Integrierten Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in der Zentralafrikanischen Republik (MINUSCA), der mit marokkanischen Soldaten besetzt war, war in der Nähe“, fügt der spanischstämmige Comboni-Missionar hinzu. Die MINUSCA versucht, mit ihren Patrouillen die Situation zu beruhigen und die Streitkräfte, die Polizei und die Sicherheitskräfte der Regierung in ihre Basis zu verlegen, bis diese evakuiert werden.
Bischof Aguirres große Sorge gilt den Kindern und den älteren Menschen: „Es gab Kinder, die durch verirrte Kugeln verwundet wurden.“ Kinder, die vor den Bränden und Angriffen in den Kongo geflohen sind, die aber „von einer Kugel wie von einem Damoklesschwert getroffen wurden, ohne dass sie wussten, woher sie kam. Selbst auf ihrer Flucht wurden sie von der Gewalt der Angreifer getroffen“, so der Bischof.
Msgr. Aguirre hofft, dass die neuen „Herren und Machthaber“ ihre Wut nicht an der Bevölkerung auslassen werden. Es gab bereits viele Jahre der Gewalt, des Todes und der Zerstörung sowie der Machtwechsel und der Intrigen, um ein Land zu beherrschen, das sehr reich an Mineralien und Bodenschätzen ist, aber mit einer Bevölkerung, die völlig im Elend versinkt. Die neuen „Herren“ von Bangassou, von denen der Bischof spricht, sind eine rebellische Anti-Regierungs-Koalition namens „Coalition of Patriots for Change“ (CPC), die aus fünf Warlords besteht, die das Land seit Jahren ausplündern. Viele von ihnen sind Ausländer aus dem Niger, Tschad oder Sudan. Getreu seiner Berufung äußert sich der Priester jedoch nicht zur Politik, er wünscht sich nur, seine Mission weiterhin erfüllen zu können, und überlegt: „Wie kann man inmitten von so viel Gewalt einen Blick der Zärtlichkeit setzen?“
In der katholischen Mission, einer der wenigen Enklaven, die trotz der Angriffe und Gewalt der letzten Tage durchgehalten hat, wurden Waisenkinder aufgenommen: „Sie sind unschuldig. Man sieht ihnen in die Augen, und sie wissen nichts von Rebellen, Söldnern, Machtkämpfen… Sie hören nur die Schüsse und Explosionen und bekommen große Angst.“ Die Mission betreibt auch ein Altenheim in einem anderen Teil der Stadt. Bischof Aguirre ist besorgt über die Situation der 50 älteren Menschen dort, von denen viele an Altersdemenz erkrankt sind. „Die Schwächsten zahlen den Preis. Unsere Priester und Ordensleute sind immer noch hier, jeder an seinem Platz, sie geben alles, durchleben diese Momente der Angst gemeinsam mit den Menschen. Es gibt viele Traumata, die geheilt werden müssen. Hinter jedem einzelnen von ihnen steht der leidende Christus. Beten Sie für den Frieden und für mein Volk.“
Nach schrecklichen Kriegen und Kämpfen zwischen der Regierung und mehreren Miliz- und Söldnergruppen zwischen 2013 und 2019 mit Massakern, Vergewaltigungen und Plünderungen an der Zivilbevölkerung schien in der Zentralafrikanischen Republik im Jahre 2020 langsam Ruhe einzukehren. Nun ist dieser kurze Frieden vorbei: „Wir haben an so vielen schönen Projekten für den Wiederaufbau des Landes gearbeitet… Jetzt werden wir mit vielen von ihnen wieder von vorne anfangen müssen.“ Aber Bischof Aguirre fügt hinzu: „Wir Menschen denken in anderen Zeitkategorien als Gott!“
Im Jahre 2020 hat das Hilfswerk KIRCHE IN NOT 22 Projekte in sechs Diözesen der Zentralafrikanischen Republik unterstützt, vor allem in Form von Existenzhilfe für Priester und Ordensleute sowie Unterstützung bei der Ausbildung von Seminaristen.
Empfänger: KIRCHE IN NOT
IBAN: AT71 2011 1827 6701 0600
BIC: GIBAATWWXXX
Verwendungszweck: Zentralafrikanische Republik
„Die Religion darf nicht dazu benutzt werden, die Ausbeutung zu vertuschen“, erklärte Nongo-Aziagba. Dies sei „ein Ablenkungsmanöver, das von den wirklichen Problemen wegführt: Armut, Analphabetismus und mangelnde Gerechtigkeit.“ Letzteres zeige sich daran, dass die Mitglieder der Rebellengruppen weitgehend straffrei ausgingen, obwohl schlimme Gräueltaten auf ihr Konto gingen. „Die Zentralafrikanische Republik steckt in einer politischen und nicht in einer religiösen Krise“, fügte der Bischof hinzu.
Rebellentruppen aus dem Ausland gefördert?
Den Séléka-Truppen, die sich 2012 gebildet hatten und mittlerweile in verschiedene Gruppen zersplittert sind, gehörten zwar mehrheitlich Muslime an. Aber ihr Ziel sei „nicht die Bevölkerung zu bekehren, sondern das Land auszubeuten“, sagte Nongo-Aziagba. Mehr als zwei Drittel der Milizionäre seien Söldner aus dem Tschad, Niger, Kamerun und anderen Nachbarstaaten. Viele von ihnen seien keine praktizierende Muslime. „Sie verfolgen keine islamistischen Ziele. Ihr Augenmerk gilt dem Mineralienreichtum des Landes.“
Als Reaktion auf die Angriffe der Séléka bildete sich die Gruppe der sogenannten Anti-Balaka, der auch zahlreiche Christen angehören. Diese gäben vor, die Interessen der Christen im Land zu verteidigen, die etwa 75 Prozent der Bevölkerung stellen. „Damit verdrehen sie jedoch die Wahrheit“, erklärte der Bischof. Er wirft mehreren Rebellengruppen vor, von der direkten oder indirekten Unterstützung einiger ausländischer Nationen zu profitieren. Dazu zählt Vorsitzende der Bischofskonferenz China, Russland und einige westliche Ländern. Diesen gehe es ausschließlich darum, den Bodenreichtum der Zentralafrikanischen Republik abzuschöpfen. „Die Milizen schaden Christen und Muslimen gleichermaßen“, sagte Nongo-Aziagba.
Derweil hält die Flüchtlingswelle weiter an: Human Rights Watch zählte für 2018 mehr als 640 000 Binnenflüchtlinge in der Zentralafrikanischen Republik. Und die Vereinten Nationen beziffern die Zahl der Menschen, die ins Ausland geflüchtet sind, mit rund 570 0000. Im Februar 2019 hat die Regierung der Zentralafrikanischen Republik ein Friedensabkommen mit mehr als einem Dutzend Rebellengruppen unterzeichnet. Bischof Nongo-Aziagba hat jedoch Zweifel an der Wirksamkeit, da die verschiedenen Milizen „das Abkommen widersprüchlich auslegen.“ Die Erfahrungen mit den UN-Truppen im Rahmen der seit 2014 anhaltenden Mission MINUSCA sei bestenfalls „unregelmäßig“ zu nennen. ´
„Wo bleibt die Souveränität unseres Staates?“
Auf die Frage, warum sich weitern viele Menschen, darunter auch Kinder und Jugendliche, den Milizen anschließen, nennt der Bischof drei Gründe: steigende Armut, fehlende Bildung und den Willen der Menschen, sich gegen weitere Angriffe zu wappnen. Die Menschen seien frustriert über den zunehmenden Zerfall des Landes. Schwäche der Regierung zeige sich laut Nongo-Aziagba unter anderem darin, dass „etwa 80 Prozent des Landes von Rebellengruppen kontrolliert werden und es kein funktionierendes Straßen- oder Transportsystem gibt“. Im Nordosten der Zentralafrikanischen Republik orientiere sich die Bevölkerung wirtschaftlich Richtung am Sudan und verwende dessen Währung, im Südosten ist Wirtschaft und Währung der Demokratischen Republik Kongo der Fixpunkt. „Wo bleibt die Souveränität unseres Staates?“, fragt der Bischof.
Die katholische Kirche in der Zentralafrikanischen sei fest entschlossen, den christlich-muslimischen Dialog weiter zu fördern. „Es ist entscheidend, dass Christen und Muslime zeigen, dass sie vereint sind“ und sich damit der Gewalt wiedersetzten, die in ihrem Namen ausgeübt werde, zeigt sich Nongo-Aziagba überzeugt. „Als Christ habe ich Hoffnung für die Zukunft“, führte der Bischof aus, „aber ich muss realistisch bleiben: Es ist sehr schwer, die Gewalt der letzten Jahre zu überwinden.“
„Kirche in Not“ steht der Bevölkerung der Zentralafrikanischen Republik seit Jahren bei: von der Nothilfe für Kriegsopfer, die Arbeit von Ordensgemeinschaften und Pfarrgemeinden bis hin zur Friedensarbeit. Um weiterhin helfen zu können, bittet „Kirche in Not“ um Spenden – entweder online unter: www.kircheinnot.at oder auf folgendes Konto:
Empfänger: KIRCHE IN NOT
IBAN: AT71 2011 1827 6701 0600
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Verwendungszweck: Zentralafrikanische Republik