Burkina Faso: Wegen des Terrors sind ganze Dörfer unbewohnt oder abgeschnitten
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Burkina Faso:  Wegen Terrorismus sind ganze Dörfer unbewohnt oder von der Welt abgeschnitten

Burkina Faso: Wegen Terrorismus sind ganze Dörfer unbewohnt oder von der Welt abgeschnitten

07.05.2020 aktuelles
Die terroristische Bedrohung, die besonders fünf Regionen im Norden und Osten Burkina Fasos betrifft, wird laut mehreren lokalen Quellen im Gespräch mit dem internationalen Hilfswerk KIRCHE IN NOT (ACN) „von der Covid-19-Pandemie überschattet“. Für die unmittelbar von den Terroranschlägen betroffene Bevölkerung ist das Coronavirus „ein Unglück mitten im Unglück”. Die Gesprächspartner aus den stark von den Auswirkungen des Terrorismus betroffenen Diözesen Dori, Kaya und Fada N’Gourma sind sich einig, dass „der Ernst der Lage an einigen Orten gleichgeblieben oder sogar noch schlimmer geworden ist“ als vor der Pandemie. Fast eine Million Menschen wurden aus diesem Gebiet vertrieben, ohne eine wirksame Reaktion seitens der nationalen oder internationalen Behörden.
Flüchtlinge in einem der vielen Flüchtlingslager.

In den Departements Bourzanga (Region Centre-Nord) und Djibo (Region Sahel) finden täglich Anschläge statt. Nach dem Hilfswerk vorliegenden Erkenntnissen „sind ganze Landstriche von der Welt abgeschnitten, aber nicht wegen der Ausgangssperre aufgrund der Pandemie, sondern wegen der dort vorherrschenden totalen Unsicherheit. Die wenigen noch bevölkerten Dörfer beherbergen Tausende von Binnenvertriebenen, sind aber zunehmend vom Rest des Landes isoliert.“

So auch die Stadt Djibo, die seit Mitte Januar 2020 von Terroristen umzingelt ist. Von KIRCHE IN NOT befragte Quellen schildern, dass „es keine öffentlichen Verkehrsmittel, keine Versorgung mit Lebensmitteln, keinen Zugang hinein oder hinaus gibt, dass es an Wasser, Treibstoff und Lebensmitteln mangelt, immer wieder zu Stromausfällen usw. kommt“.

Nach Angaben des Nationalen Rates für Nothilfe und Wiederaufbau (CONASUR) leben in der Provinzhauptstadt Djibo fast 150 000 Binnenvertriebene. Unter der Blockade leidet ebenfalls die Stadt Arbinda, die 60 000 Binnenvertriebene aufgenommen hat. Die beiden Städte sind die letzten Enklaven des Lebens in der Provinz und der einzige Schutzwall, der viele Menschen vor den Terroristen bewahrt hat.

Ein vertriebener Priester aus der Diözese Kaya in der nördlichen Zentralregion berichtet KIRCHE IN NOT von einer ähnlichen Lage dort: „Die Dörfer sind so gut wie menschenleer; dort ist kein Leben mehr, obwohl es immer noch Zeichen der Hoffnung gibt. In meiner Pfarrei, in der viele Menschen Zuflucht gesucht haben, gibt es Probleme in der Grundversorgung. Das entscheidende Problem ist nach wie vor das Wasser. Es ist sehr schwierig, an dieses kostbare Gut zu gelangen, was die Frauen bei allen damit verbundenen Risiken dazu zwingt, in die wegen terroristischer Bedrohungen verlassenen Nachbardörfer zurückzukehren, um zu versuchen, Wasser zu beschaffen und es auf Dreirädern zu transportieren.“

Auch in Kaya sind wichtige Gemeinden, etwa Namisgma und Dablo, von den Städten abgeschnitten, die sie früher versorgt haben. In der Stadt Pensa haben sich die Terroristen nach wiederholten Anschlägen niedergelassen, und die Stadt vom Rest des Territoriums abgetrennt.

Ein Begräbnis von Opfer des Terrorismus.

Appelle an nationale und internationale Behörden für ein energisches Vorgehen

Nach Aussage der Betroffenen erkennen die lokalen und nationalen Behörden zwar das Drama, unter dem die Bevölkerung leidet. Ihre Bemühungen werden jedoch meistens aufgrund fehlender Ressourcen schnell zunichte gemacht. Viele bedauern auch, dass außerhalb des Landes das Ausmaß der Tragödie nicht erkannt werde: „Von den 75 Dörfern in meiner Pfarrgemeinde sind nur noch zehn bewohnt. Die Menschen sind alle gegangen. Weil die Dörfer verlassen sind, befindet sich ein großer Teil des Territoriums in der Hand von Terroristen, die sich auf diese Weise der staatlichen Kontrolle entziehen“, sagt ein Priester der Diözese Kaya, der ebenfalls wegen der Drohungen gegen seine Gemeinde fliehen musste.

Obwohl ausländische, vor allem französische Streitkräfte präsent sind, sind viele Burkiner skeptisch. Sie beklagen, dass sie keinerlei Ergebnisse sehen. Sie kritisieren auch die Tatsache, dass die nationale Armee effektiver sein könnte, wenn sie über die gleichen Transport- und Waffenbedingungen verfügte wie die ausländischen Streitkräfte.

Im Allgemeinen fühlen sich die meisten Burkiner angesichts des Unglücks ohnmächtig, „vor allem, weil sich die Aufmerksamkeit im Moment auf die Coronavirus-Pandemie konzentriert, und dabei vergessen wird, dass der Terrorismus sogar noch mehr Opfer fordert als Covid19“, beklagt der Priester.

Viele fordern von den Behörden, dass sie bei der Verbesserung der Lage der Binnenflüchtlinge und bei der Bekämpfung des Terrorismus die gleiche Entschlossenheit und Ernsthaftigkeit an den Tag legen wie bei der Bekämpfung der Pandemie. „Beide Gefahren bestehen mit Sicherheit. Wir sind mittendrin gefangen; es ist sehr schwer herauszufinden, was schlimmer ist. In jedem Fall sind die Folgen die gleichen, weil beide tödliche Konsequenzen haben“, sagt ein weiterer Partner von KIRCHE IN NOT aus der Region Fada N’Gourma. Er hat gerade Unterstützung für den Bau einer Sicherheitsmauer um seine Pfarrei erhalten, nachdem sie gewaltsame Übergriffe erlitten hatte.

Seit fast fünf Jahren wird Burkina von einer beispiellosen terroristischen Welle heimgesucht. Im Februar 2020 reiste eine KIRCHE IN NOT-Delegation in das Land, um sich ein Bild von der Notlage der Christen im Norden des Landes zu machen, und um die Solidarität der Weltkirche zu bekräftigen. Nach den von KIRCHE IN NOT bei dem Besuch gesammelten Daten beläuft sich die Zahl der Binnenvertriebenen auf fast eine Million. Seit 2019 wurden mehr als 1000 Menschen – Christen, Anhänger der traditionellen Religion und Muslime – getötet. Dreizehn Priester, sieben Ordensgemeinschaften und 193 Pastoralkoordinatoren mussten in sichereren Pfarreien Schutz suchen. Mindestens acht Pfarreien sind geschlossen.

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