Georgette erinnert sich im Gespräch mit dem weltweiten päpstlichen Hilfswerk KIRCHE IN NOT: „Ich war gerade am Telefon, als ich die erste Explosion hörte. Die Gegenstände und Möbel in meiner Wohnung wackelten“. Dann kam die zweite, viel verheerendere Detonation: Die Fenster ihrer Wohnung barsten, Georgette wurde von der Druckwelle quer durch den Raum geschleudert; sie brach sich dabei alle Zähne im Unterkiefer. „Ich dachte zuerst, es sei ein Erdbeben. Ich war sicher, dass ich jetzt sterben würde. Ich fing an zu beten.“
Als der erste Schock vorüber war, geriet sie in Panik um ihren Sohn: Er arbeitete in einem Laden ganz in der Nähe des Hafens. Das Geschäftsgebäude wurde komplett zerstört, aber ihr Sohn überlebte wie durch ein Wunder.
Die Explosion im Hafen von Beirut war der Höhepunkt in einer ganzen Reihe von Tragödien, die den Libanon seit Jahren erschüttern: Eine Finanzkrise hatte den Wert des libanesischen Pfunds ins Bodenlose fallen lassen. Eine Wirtschaftskrise hatte viele Menschen arbeitslos und arm gemacht. Ein Politkrise hatte die hohe Korruption im Land aufgedeckt und zu Massenprotesten geführt. Hinzu kam die Covid-19-Pandemie und ihre Auswirkungen, die den Tourismus einbrechen ließ und zu weiteren Unternehmenspleiten führte.
Die Folgen spürt Georgette unmittelbar: Sie ist geschieden, eine Tochter lebt jetzt wieder bei ihr. Eigentlich sollte sich die 60-jährige auf den Ruhestand freuen, stattdessen hat sie nach einem neuen Job gesucht. Das war nicht leicht, aber sie hat schließlich eine Stelle als Kaffeeverkäuferin gefunden. Ihr karger Verdienst reicht nicht für die Miete, von anderen Dingen ganz zu schweigen. Meistens muss sie mit umgerechnet 20 Euro im Monat für Lebensmittel auskommen. „Die Situation treibt einem die Tränen in die Augen“, bekennt Georgette. Überleben könne sie nur, weilandere Menschen ihr unter die Arme greifen: „Manchmal stundet der Wohnungseigentümer mir die Miete. Irgendjemand hilft immer, ich weiß oft gar nicht, woher die Hilfe kommt.“
Nach der Explosion vor zwei Jahren gingen freiwillige Helfer der Universitätsseelsorge von Tür zu Tür, um herauszufinden, was die Menschen am dringendsten brauchen. Auch heute noch gibt es diese Hausbesuche. Der Einsatz wird von „Kirche in Not“ unterstützt. So begegnete Georgette Schwester Raymunda, die zu einem persönlichen Schutzengel für sie wurde. Sie half Georgette einen Zahnarzt zu finden, der ihre abgebrochenen Zähne kostenlos reparierte. Alle zwei Monate bekommt sie ein Lebensmittelpaket für sich und ihre Tochter. Wenn das aus ist, gebe es oft nur Brot und Olivenöl, erzählt Georgette. Fleisch komme schon lange nicht mehr auf den Tisch.
Georgette ist nur eine von vielen verarmten Mitgliedern der christlichen Gemeinde im Libanon, die einst die größte im Nahen Osten war. Doch viele Menschen sind längst in Ausland gegangen. Zurück bleiben häufig die älteren Menschen und die, die sich nicht einmal das Auswandern leisten können. KIRCHE IN NOT steht den Christen im Libanon seit Jahrzehnten bei, hat aber in der jüngsten Krisensituation die Mittel um das Sechsfache erhöht. Allein 2021 leistete KIRCHE IN NOT über 5,5 Millionen Euro an Nothilfe für die Arbeit der Kirche im Libanon.
Trotz aller Not will Georgette nicht aufgeben: „Ich bin stark. Selbst wenn ich krank werde, bleibe ich immer auf den Beinen. Ich will keine Schwäche zeigen.“ Irgendwann werde es auch wieder besser werden, ist sie überzeugt: „Ohne Hoffnung gibt es kein Leben.“
Empfänger: KIRCHE IN NOT
IBAN: AT71 2011 1827 6701 0600
Verwendungszweck: Libanon
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