Andrew Adeniyi Abayomi ist Pfarrvikar in der Pfarre St. Franz Xaver in Owo im Südwesten Nigerias. Er war dabei, als bislang unbekannte Täter am Pfingstsonntag ein Massaker an der dortigen Gottesdienstgemeinde verübten. Dabei wurden lokalen Angaben zufolge mindestens 38 Personen getötet und Dutzende schwer verletzt. Pfarrer Abayomi hat mit KIRCHE IN NOT über die traumatischen Erlebnisse gesprochen.
KIRCHE IN NOT: Wo befanden sie sich, als der Angriff geschah?
PFARRVIKAR ANDREW ADENIYI ABAYOMI: Die Festmesse zum Pfingstsonntag war gerade vorbei. Anschließend sollte vor der Kirche eine Prozession stattfinden. Ich stand noch im Altarraum und legte Weihrauch ein. Da hörte ich einen lauten Knall. Ich dachte zuerst: Da ist eine Tür zugeschlagen oder jemand ist gestürzt. Doch dann hörte ich weiteren Lärm und sah die Gemeinde in verschiedene Richtungen rennen. Ein Gottesdienstbesucher stürzte auf mich zu und schrie: „Herr Pfarrer, da sind Bewaffnete!“
Wie viele Angreifer waren es?
Ich habe sie nicht gesehen. Einige Augenzeugen sagen, es seien vier Personen gewesen, andere sprechen von sechs. Es sollen sich auch noch Angreifer unter die Gottesdienstbesucher gemischt haben. Wir kennen die genaue Anzahl nicht.
Hatten Sie Angst um Ihr Leben?
Ich hatte keine Angst um mein eigenes Leben. Ich habe vor allem daran gedacht, wie ich die Gemeindemitglieder retten könnte. Einige von ihnen verrammelten die Eingangstür. Ich forderte die Leute auf, in die Sakristei zu gehen. Von dort konnten sich einige ins Freie in Sicherheit bringen. Ich blieb die ganze Zeit bei den Menschen in der Sakristei.
Ich war von Kindern umringt, mehrere Erwachsene klammerten sich an mich. Ein paar Kinder haben sich sogar unter meinem Messgewand versteckt. Ich habe sie beschützt wie eine Henne ihre Küken. Viele Menschen schrien; ich habe versucht, sie zu beruhigen. Der Angriff dauerte etwa eine halbe Stunde. Er scheint sorgfältig geplant gewesen zu sein.
Was geschah dann?
Wir hörten von draußen, dass die Angreifer jetzt fort seien. Wir öffneten die Tür der Sakristei. Ich sah, dass zahlreiche Gemeindemitglieder tot oder verletzt waren. Ich war erschüttert. Ich habe die Unversehrten gebeten, die Verletzten ins Krankenhaus zu bringen. Wir ließen die Toten in der Kirche zurück und versuchten, die Verwundeten zu retten.
Der Südwesten Nigerias galt bislang als weitgehend friedlich, im Gegensatz zum Norden des Landes. Wie erklären Sie sich diesen plötzlichen Gewaltausbruch?
Wir haben gehört, dass militante Gruppen jetzt auch im Südwesten und in weiteren Landesteilen Kämpfer mobilisieren. Bislang lässt sich nicht feststellen, welcher Gruppe oder welcher Ethnie die Angreifer angehören.
Wie kümmern Sie sich jetzt um die Überlebenden?
Wir betreuen sie seelsorgerisch, besuchen sie und beten mit ihnen. Wir versuchen, die Familien der getöteten Menschen zu unterstützen. Es kommt auch Hilfe von staatlichen und privaten Organisationen, wie zum Beispiel dem Roten Kreuz. Sogar muslimische Organisationen und Imame unterstützen uns.
Wo liegt aktuell der größte Bedarf?
Wir brauchen finanzielle Hilfe, um die Überlebenden und die Familien der Todesopfer zu versorgen. Wir benötigen aber auch eine Sicherheitsstrategie. Bei dem Anschlag waren zwar Sicherheitsmitarbeiter und Polizei in der Nähe, aber sie sind uns nicht zu Hilfe gekommen. Wir brauchen jetzt einen eigenen Sicherheitsapparat.
Wie ist die Reaktion der Gläubigen auf den Anschlag?
Einige Gemeindemitglieder sind immer noch voller Angst. Wir versuchen, ihnen wieder auf die Beine zu helfen. Das Wichtigste dabei ist der persönliche Kontakt. Bei den Begegnungen mit den Gemeindemitgliedern habe ich festgestellt: Ihr Glaube ist nicht geschwächt, er ist sogar stärker geworden. Sie sind bereit, standhaft zu bleiben.
Empfänger: KIRCHE IN NOT
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Verwendungszweck: Nigeria
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