Vor rund einem Jahr gingen auf Kuba Millionen Menschen auf die Straße. Sie protestierten gegen die Regierung und die staatstragende kommunistische Partei. Auslöser war ein Mangel an Lebensmitteln und medizinischen Produkten sowie die Reaktion der Regierung auf die Covid-19-Pandemie. Es handelte sich um die größten Proteste seit fast zwei Jahrzehnten.
Die politische Führung ließ tausende Demonstranten festnehmen. Die Unterdrückung der Proteste und die anhaltende Krise führten erneut zu einem Anstieg der Auswanderung aus Kuba. Über die Situation sprachen wir mit dem kubanischen Priester Bladimir Navarro, der aktuell in Spanien lebt.
KIRCHE IN NOT: Wie ist die Lage in Kuba ein Jahr nach den Massenprotesten?
Bladimir Navarro:Die Menschen in Kuba hungern und sind in großer Not. Es ist sehr traurig zu sehen, wie alte Menschen ihr Hab und Gut auf der Straße verkaufen, um sich etwas zu essen kaufen zu können. Die Menschen in Kuba überleben, doch die schlimmste Armut ist der Mangel an Freiheit.
Abgesehen vom wirtschaftlichen Elend leben die Kubaner im Elend der Angst, der Auswanderung, des Mangels an Werten. Ein weiteres Problem ist der Mangel an Medikamenten. Man kann nicht einmal Schmerzmittel bekommen, von Antibiotika ganz zu schweigen.
Hat sich die Lage nach dem 11. Juli 2021 verschlimmert, als die friedlichen Proteste begannen?
Die kommunistische Regierung hat Angst, ihre Macht zu verlieren. Es wurden neue Gesetze erlassen, um ihre Ideologie in der Zukunft aufrechtzuerhalten. Die Inflation hat enorm zugenommen. Die Kubaner waren sehr froh, als angekündigt wurde, dass die Löhne steigen. Aber jetzt sind die Preise für die grundlegendsten Dinge explodiert.
Wir sehen, dass viele Häuser im ganzen Land einstürzen, während in Havanna neue Hotels gebaut werden. Wer die Stimme erhebt und die Wahrheit sagt, läuft Gefahr, dass gegen ihn vorgegangen wird. Die Haftstrafen haben zugenommen.
Was ist mit den Menschen geschehen, die im vergangenen Jahr Freiheit forderten?
Es ist ein Jammer, dass so viele junge Menschen im Gefängnis sitzen. Die Haftstrafen sind sehr hoch, oft mehr als zehn Jahre. Einige von ihnen sind sogar noch minderjährig. Über 900 Menschen sitzen noch im Gefängnis – einfach nur, weil sie am 11. Juli 2021 friedlich demonstriert haben.
Jetzt ist das Regime hinter jedem her, der ein Bild oder einen Kommentar gegen den Kommunismus in den sozialen Medien postet. Jeder, der über sein tägliches Leben berichtet, vom Anstehen, um Brot zu kaufen oder über die Situation an den Schulen, wird bedroht. Deshalb haben sich viele Menschen entschlossen, das Land zu verlassen; die Auswanderung nimmt wieder stark zu.
Was kann die katholische Kirche auf Kuba tun, um dieses Leiden zu lindern?
Das Schlüsselwort lautet „begleiten“, das Leiden der Menschen begleiten. Es gibt viele Menschen, Ordensleute, Priester, Bischöfe und engagierte Laien, die den Menschen in dieser traurigen Zeit Ermutigung und Hoffnung geben. Ein weiterer Teil der Hilfe ist materiell, wie sie Hilfswerke wie KIRCHE IN NOT leisten. Die Kirche ist ein Zufluchtsort der Hoffnung, um dem Herrn nahe zu sein und die Wunden der kommunistischen Ideologie zu heilen.
Wie können wir im Ausland die kubanische Kirche bei dieser Mission unterstützen?
Sie können uns helfen, indem sie die Stimme der Stimmlosen sind und die Geschehnisse in Kuba sichtbar machen. Denn nach den Massenprotesten ist Kuba vielfach keine Nachricht mehr wert. Die Lage hat sich erheblich verschlechtert, nicht nur wegen des Krieges in der Ukraine, sondern auch wegen der jahrelangen Misswirtschaft. Auch das Gebet ist von grundlegender Bedeutung.
Hoffentlich wird KIRCHEIN NOT auch weiterhin Unterstützung leisten, damit die Kubaner merken, dass sie nicht allein sind.
Empfänger: KIRCHE IN NOT
IBAN: AT71 2011 1827 6701 0600
Verwendungszweck: Kuba
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