KIRCHE IN NOT fördert Orden und geistliche Gemeinschaften, die sich um Menschen kümmern, die im brasilianischen Amazonasgebiet immer mehr in die Städte ziehen und dort unter prekären Bedingungen leben. Jährlich machen sich Millionen Brasilianer auf den Weg von entlegenen Regionen in die Städte. Die sozialen Folgen sind unübersehbar: Wie eine Untersuchung der Nichtregierungsorganisation „MapBiomas Brasil“ zeigt, liegen sechs von 20 brasilianischen Städten, in denen die Zahl der Elendsviertel („Favelas“) in den vergangenen Jahrzehnten am meisten zugenommen hat, im Amazonasgebiet im Norden des Landes.
„Die Menschen hoffen auf Erfolg und bessere Bedingungen“, erzählt Jenisangela Rosa, die zur geistlichen Gemeinschaft „Shalom“ gehört. „Doch der Traum weicht oft einem Leben in Armut, Isolation und unter prekären Bedingungen.“ Auch das Glaubensleben, das für viele Menschen seit ihrer Kindheit eine Stütze sei, drohe dann zu verschwinden.
Jenisangela schildert an einem Beispiel, womit sie und ihre Mitstreiter täglich konfrontiert sind: „Wir haben eine Familie betreut, ein Ehepaar mit fünf Kindern. Das sechste Kind war unterwegs. Die Eltern haben auf einem Bauernhof gearbeitet, der über zwei Stunden von der nächsten Entbindungsklinik entfernt war. Es gab dort keine öffentlichen Verkehrsmittel und keine Schule für die Kinder.“ Also habe sich die Familie auf dem Weg in die Stadt gemacht. „Noch als sie unterwegs waren, setzten bei der Mutter die Wehen ein. Sie und das Baby wären fast gestorben.“
Die Mitglieder von „Shalom“ haben sich der jungen Mutter angenommen und erst einmal eine sichere Unterkunft besorgt, später auch einen Arbeitsplatz für den Mann. An diesem Beispiel zeige sich, dass viele Menschen gar keine andere Wahl hätten, als in den Städten ihr Glück zu suchen.
Doch gleichzeitig gelte es, die Bedingungen auf dem Land zu verbessern, ist Jenisangela überzeugt: „Kirche und Behörden versuchen, wo es möglich ist, Wege zu finden, damit Familien grundlegende Anlaufstellen wie Arzt oder Schule vorfinden. Denn wenn die Menschen in die Städte gehen, müssen sie ihre Lebensweise und Traditionen aufgeben. So oder so werden sie ihrer Grundrechte beraubt.“
In Manaus, der Hauptstadt des brasilianischen Amazonas-Gebiets mit über zwei Millionen Einwohnern, arbeitet Schwester Myriam von der „Gemeinschaft Samen des Wortes“, die KIRCHE IN NOT ebenfalls unterstützt. Sie betont besonders die Notwendigkeit der Seelsorge für zugewanderte Menschen in den Städten. Denn viele rutschten in ein Leben ab, das von Alkohol, Drogen, Prostitution oder Kriminalität geprägt sei.
„Wir machen Missions- und Sozialarbeit von Kindern bis zu Erwachsenen, um ihre geistliche und menschliche Bildung zu fördern“, erzählt Schwester Myriam. Dazu gehören die Beratung von Suchtabhängigen, Aufklärungsarbeit und die Vermittlung christlicher Werte zum Beispiel zum Ehe- und Familienleben: „Unsere Missionare vermitteln den Menschen eine christliche Sichtweise, die ihnen hilft, Traumata zu bewältigen und einen Neuanfang zu schaffen.“
Die Missionsgruppe ist jedoch nicht nur in Manaus, sondern auch in den Weiten des Amazonasgebiets tätig. Missionare besuchen nach und nach die Dörfer, es gibt mehr als 35 000 in der Region. „Wir versuchen, mit Information und Hilfe vor Ort zu verhindern, dass noch mehr Menschen in die Städte abwandern.“
Auch für die Zukunft der Seelsorge ist gesorgt: KIRCHE IN NOT finanziert das Studium von 66 Priesteramtskandidaten aus Manaus und in anderen Bistümern. Auch die geistlichen Gemeinschaften verzeichnen regen Zulauf, wie die Geschäftsführende Präsidentin von KIRCHE IN NO, Regina Lynch, bei einem Besuch in der Region feststellen konnte: „Ich war in Gegenden, wo sich nicht einmal die Polizei hinwagt. Aber die kirchlichen Bewegungen sind da. Sie leisten Evangelisierungs- und Bildungsarbeit. Die Menschen schätzen diesen Einsatz sehr.“
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Der Bandengewalt in Haiti fallen zunehmend auch Kirchenvertreter zum Opfer. Das sei kein Zufall, erklärte der Ordenspriester Pater Baudelaire Martial gegenüber KIRCHE IN NOT: „Ich habe das Gefühl, dass es eine organisierte Kampagne gegen die Kirche gibt.“ Immer häufiger würden Priester und Ordensleute in dem Karibikstaat entführt, um Lösegeld zu erpressen. Die kriminellen Banden „setzen die Kirche unter Druck, um uns zum Schweigen zu bringen“, sagte der Ordensmann.
Martial gehört der Kongregation vom Heiligen Kreuz an und hat in der Nähe der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince ein Heim für Kinder und Jugendliche gegründet. Auch die Bewohner dort gerieten in den Strudel der Gewalt: „Ein zwölfjähriges Mädchen wurde getötet, ein anderes brutal angegriffen. Die Jugendlichen leben in Angst und Schrecken.“ Mancherorts könne der Unterricht nur online stattfinden, da es zu gefährlich sei, die Kinder zur Schule zu schicken.
Auch viele Pfarren hätten aus Sicherheitsgründen ihre Arbeit einstellen müssen. Dennoch sei die Kirche da, um traumatisierte Menschen zu begleiten. „Viele haben schwere Verletzungen und Vergewaltigungen erlebt“, sagte Pater Baudelaire. Die Situation in Port-au-Prince beschrieb er als „inakzeptabel, unerträglich und unvorstellbar“. Die Menschen hungerten, in einigen Landesteilen hätten bewaffnete Banden Reisfelder niedergebrannt. Da auch viele Ärzte verschleppt worden seien, gebe es keine funktionierende medizinische Versorgung.
Nach der Ermordung von Präsident Jovenel Moïse vor drei Jahren versinkt Haiti im Chaos; Interimspremierminister Ariel Henri hatte im April auf Druck bewaffneter Banden hin seinen Rücktritt erklärt. Ein „Präsidialer Übergansgsrat“ hat die Amtsgeschäfte übernommen.
Trotz dieser langen Zeitspanne sieht Pater Baudelaire die Zeit für Neuwahlen noch nicht gekommen. Im Moment habe die Wiederherstellung der inneren Sicherheit Priorität. „Danach wird die Zeit für eine Verfassungsreform kommen, dann die Einleitung eines Wahlprozesses und schließlich freie, ehrliche und demokratische Wahlen.“
Hoffnung setzt der Ordensmann auf die von den Vereinten Nationen installierte Eingreiftruppe, die unter Führung des kenianischen Militärs kürzlich ihre Arbeit aufgenommen hat: „Die Angst wechselt die Seiten, die Banden beginnen zu verhandeln, und schon seit einigen Tagen ist die Lage etwas ruhiger geworden.“ Langfristig gehe es aber um mehr: „Wir fordern die Befreiung der Hauptstadt und aller entlegenen Ecken Haitis, damit wir wieder wie früher leben können.“
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Verwendungszweck: Haiti
Weiße Karibikstrände und Luxusressorts prägen für viele Touristen das Bild der Dominikanischen Republik. Doch die Realität ist anders: Ohne Wasser und Strom, ausgebeutet und mit einem Lohn von nicht einmal zehn Euro am Tag abgespeist, unter extremen Arbeitsbedingungen bei über 30 Grad leben zahlreiche Menschen in sogenannten „Bateyes“. Das sind Hüttensiedlungen rund um Zuckerrohrplantagen.
425 solcher Siedlungen zählt das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen in der Dominikanischen Republik. Über 200 000 Menschen sollen dort leben, wahrscheinlich ist die Dunkelziffer weit größer. Ähnliche Bateyes – das Wort stammt aus der Sprache der karibischen Ureinwohner – gibt es auch in Haiti, Puerto Rico oder Kuba. Die Siedlungen haben nicht einmal eigene Namen, sie werden einfach durchgezählt.
In Barahona, einem Küstenort im Südwesten der Dominikanischen Republik, befindet sich Batey 5. Die dortige Pfarre „St. Martin von Porres“ ist die ärmste der ohnehin armen Diözese Barahona. „Die Menschen hier kämpfen Tag für Tag ums Überleben“, erzählt Schwester Patricia Alvarez. Sie ist eine von drei Ordensfrauen der „Missionarinnen der Unbefleckten Jungfrau Maria und der heiligen Katharina von Siena“, im Volksmund kurz „Lauritas“ genannt.
Die „Lauritas“ sind seit 2017 in der Arbeiterpfarre tätig. KIRCHE IN NOT unterstützt ihre Arbeit, die auch eine sozialpolitische Dimension hat, wie Schwester Patricia betont: „Angesichts dieser harten Realität unterstützen wie die Menschen, wenn sie ihre Rechte einfordern, damit sie faire Löhne erhalten und ein menschenwürdiges Leben führen können. Es war und ist nicht einfach, aber wir kämpfen weiter.“
Im Batey 5 sei Gewalt an der Tagesordnung. Die Jugendlichen kämen schnell in Kontakt mit Drogen, beklagt Schwester Patricia. Sie und ihre Mitschwestern haben darum Jugendliche auf den öffentlichen Plätzen und in den Behausungen angesprochen und in das Gemeindezentrum eingeladen. Dort findet jetzt jeden Samstag eine Mischung aus Sozialberatung und Religionsunterricht statt.
Das zeige Früchte, freut sich Schwester Patricia: „Es gibt nur sehr wenige, die nicht kommen. Die jungen Leute sind weniger aggressiv, nehmen mehr Rücksicht aufeinander. Sie zeigen viel Solidarität.“ Besonders schön sei es, dass auch viele junge Menschen angefangen hätten, den Sonntagsgottesdienst zu besuchen.
Die Ordensfrauen organisierten auch Ausflüge, für viele junge Menschen eine völlig neue Erfahrung: „Wir waren neulich am Meer, das ist gar nicht weit weg, aber für viele Jugendliche war es der erste Besuch dort.“
Viele Bewohner seien an das Leben in den Bateyes gefesselt, nicht nur wegen der Armut. Viele seien illegal aus dem Nachbarland Haiti eingewandert, hätten keine Papiere und riskierten deshalb eine Ausweisung, wenn sie erwischt werden, erklärt Schwester Patricia. In Zusammenarbeit mit der Diözese setzen sich die Ordensfrauen dafür ein, dass die Arbeiter eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen. Denn in Haiti warten noch schlimmere Lebens- und Arbeitsbedingungen auf sie. „Wenn es nötig ist, vermitteln wir auch bei den örtlichen Behörden“, berichtet Schwester Patricia.
Die Ordensfrauen betätigen sich oft als „Arbeiterkuriere“: Sie bringen Menschen zu Arztbesuchen oder Besorgungen an verschiedene Orte oder auch einmal in die Hauptstadt Santo Domingo. Die Pfarre hat für solche Fahrten ein Auto, das KIRCHE IN NOT finanziert hat.
Eine weitere Säule der Arbeit ist die Sorge für alte und kranke Menschen. Sie stünden oft völlig allein und ohne jegliche Rente oder soziale Absicherung da. Die Diözese Barahona hat ein Tagesheim für ältere Personen errichtet, erzählt Schwester Patricia: „Viele haben ihre Familien in Haiti zurückgelassen. Wir begleiten diese Menschen ins Krankenhaus und lassen uns manchmal sogar als Familienangehörige eintragen, damit wir sie besser begleiten können.“
Die Pfarre im Batey 5 öffnet auch regelmäßig ihre Türen für alle Altersklassen, die dort an persönlichem Austausch und Kursen teilnehmen können, die sie aus dem Glauben heraus bei der Bewältigung ihres Alltags unterstützen wollen: „Diese Treffen haben schon viele Menschen zu Vergebung und Versöhnung geführt. Sie lernen, die Menschen zu lieben, wie sie sind und wie Gott sie liebt.“ Das leben die Ordensfrauen im Arbeiterviertel überzeugend vor.
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„Niemand glaubt an die Gefängnispastoral. Die Menschen denken, darum müsse man sich nicht kümmern. Aber die Bibel sagt mir, dass die Barmherzigkeit Gottes auch für die verstocktesten Sünder da ist.“ Maria Christina Santacruz spricht das wie ein trotziges Bekenntnis aus. Sie koordiniert die Seelsorge in Gefängnissen auf dem Gebiet der Erzdiözese Guayaquil im Westen von Ecuador.
Es gibt eine ganze Menge zu tun: Fünf Gefängnisse sind zu betreuen, darin sind über 12 000 Menschen inhaftiert – Tendenz steigend. Denn Ecuador, das einst als eines der sichersten Länder Lateinamerikas galt, versinkt in Bandenkrieg und Chaos. Die Mordrate stieg staatlichen Angaben zufolge im vergangenen Jahr um fast 70 Prozent.
Bereits zum zweiten Mal hat der seit November 2023 amtierende Präsident Daniel Noboa den Ausnahmezustand ausgerufen. Das Militär liefert sich Gefechte mit dem Organisierten Verbrechen. Doch das hat auch zahlreiche Schlüsselstellen in den Behörden infiltriert. Die Lage ist unübersichtlich, die Gefängnisse dementsprechend überfüllt. Teilweise brachen auch dort Revolten aus, die erst nach Wochen unter Kontrolle gebracht werden konnten.
„Die Herausforderung für uns besteht darin, die am wenigsten Geliebten, die Unbedeutenden und die Verachteten zu lieben und sich für sie einzusetzen“, betont Maria Christina Santacruz. Viele der Inhaftierten sind zwischen 15 und 27 Jahren alt. Manche werden in den Gefängnissen für eine weitere kriminelle Karriere rekrutiert. Sie brauchen Umkehr und neue Perspektiven.
Dafür setzt sich ein Team von gut 100 Personen ein, die in der Gefängnisseelsorge tätig sind. KIRCHE IN NOT unterstützt ihre Ausbildung und fachliche Begleitung. Außerdem fördert das Hilfswerk den Bau und den Unterhalt von Gefängniskapellen.
Eine der ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen ist Aleida Mejia. Ob sie denn keine Angst habe, mit Schwerkriminellen zu arbeiten? Doch, bekennt sie, und ihrer Familie falle es jedes Mal schwer, sie in den Dienst gehen zu lassen. Aber dennoch ist sie überzeugt: „Genau hier will Jesus uns haben. Er ruft uns auf, alle seine Kinder zu lieben.“
Mejia und ihre Kollegen besuchen die Gefangenen, sie feiern regelmäßige Gottesdienste, sie halten Kontakt zu den Angehörigen. Essenziell sind auch Kurse, die auf ein Leben nach dem Gefängnis vorbereiten und über Perspektiven jenseits der Kriminalität informieren. Sie sind gut besucht, Erfolge sind sichtbar, wie Mejia betont: „Viele haben nach dem Gefängnis Familien gegründet und gehen ehrlicher Arbeit nach. Wir haben hier auch tiefe Bekehrungen erlebt. Jesus befreit diese belasteten Seelen.“
Der Bedarf nach Gefängnisseelsorge ist enorm, deshalb sucht das Team händeringend neue Mitarbeiter. „Diese Mission ist so wichtig. Wir tragen das Wort Gottes weiter und verkünden, dass es einen Gott gibt, der uns liebt und uns befreit“, erklärt Aleida Mejia. Dennoch sei die Lage äußerst angespannt. Bei den Besuchen in den Gefängnissen erlebe sie viel Skepsis bis hin zu offener Ablehnung von Seiten des Personals.
Auch außerhalb der Gefängnismauern erachteten viele Menschen diese Tätigkeit als nutzlos. „Aber es lohnt sich; ich erlebe es täglich“, betont Maria Christina Santacruz. Sie sei dankbar, dass Gott sie zur Seelsorge an den Gefangenen berufen habe; ihr tägliches Gebet laute: „Hier bin ich, Herr, um deinen Willen zu tun und die Gefangenen zu trösten und in die Freiheit zu führen, wie du mich befreit hast.“
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Die Bischöfe von Panama, Kolumbien und Costa Rica haben sich darauf verständigt, die Seelsorge und humanitäre Betreuung von Flüchtlingen im Darién-Dschungel zu verstärken. Das betonte Erzbischof José Domingo Ulloa Mendieta aus Panama-Stadt bei einem Besuch in der internationalen Zentrale KIRCHE IN NOT in Königstein.
Der Darién-Dschungel (auch „Darién Gap“) ist ein Urwaldgebiet an der Grenze zwischen Kolumbien und Panama. Jährlich durchqueren hunderttausende Menschen das unwegsame Gelände Richtung Norden, um vorrangig in die Vereinigten Staaten zu gelangen. Der direkte Weg durch unwegsames Gelände ist circa 100 Kilometer lang.
„In Anbetracht der zunehmenden humanitären Krise, der Todesgefahren und der extremen Verwundbarkeit, der die Migranten ausgesetzt sind, möchten wir unsere Stimme erheben“, sagte der Erzbischof. Die Darién Gap gilt als eine der gefährlichsten Fluchtrouten Lateinamerikas, wird aber immer mehr genutzt: Beobachter schätzen, dass dieses Jahr die Millionen-Marke erreicht werden könnte.
Ulloa berichtete von einem Besuch in der Region zusammen mit Bischofskollegen aus den Grenzregionen: „Es brach uns das Herz, die Gesichter der Migranten zu sehen. Ungefähr 40 Prozent der Menschen, die den Dschungel durchqueren, sind weiblich. Dazu kommen viele Kinder.“ Die Zahl der Toten entlang der Fluchtroute kenne niemand, da viele verunglückte Menschen nicht geborgen werden könnten.
Neben Tropenkrankheiten und Wildtieren stellen bewaffnete Gruppen und Menschenhändler eine große Gefahr dar, die „aus der Verzweiflung der Menschen ein Geschäft machen“, prangerte der Erzbischof an.
Viele Menschenhändler erklärten in den sozialen Medien, die Durchquerung des Darién-Dschungels sei problemlos möglich. Dadurch wollen sie weitere Migranten anlocken. Die Bischöfe der Region haben sich nun zu einer eigenen Social-Media-Kampagne entschlossen, um über die Gefahren aufzuklären und auf Hilfsmöglichkeiten hinzuweisen.
Darüber hinaus wolle die Kirche auf der Fluchtroute präsent sein, „indem wir zum Beispiel Kliniken für Kinder oder für Frauen einrichten, die missbraucht wurden und eine besondere Traumabehandlung benötigen“, erklärte Ulloa. „Wir brauchen Orte, an denen Priester oder Ordensfrauen den Menschen Trost spenden können.“
Der Erzbischof gab zu, dass einerseits die dramatische wirtschaftliche Situation der Auswanderer nachvollziehbar, andererseits wegen der Gefahren und der weiteren Probleme in den Zielländern die Sehnsucht nach Auswanderung oft schwer zu verstehen sei, „aber wir müssen uns in die Lage der Migranten versetzen. Wir müssen die Menschen sensibilisieren, sie nicht als Bedrohung zu sehen, sondern sie zu integrieren.“
Hilfreich könnte dabei sein, dass zahlreiche Migranten in ihren Heimatländern in Pfarrgemeinden und als Katecheten aktiv gewesen seien. Darin liege eine Chance für die Aufnahmeländer, um vom spirituellen wie organisatorischen Know-how der Einwanderer zu profitieren.
Erzbischof Ulloa bat um Unterstützung für die pastorale und karitative Sorge um die Migranten im Darién-Dschungel: „Ich wünsche mir, dass die Menschen spüren, dass die Kirche eine Mutter ist, die ihre Wunden heilen will.“
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Am 2. Juni fanden in Mexiko Präsidentschafts- und Parlamentswahlen statt. Im Wahlkampf wurden lokalen Berichten zufolge mehr als 45 Politiker angegriffen, und über 30 Kandidaten ermordet. Das Land versinkt immer mehr im Bandenkrieg. Das betrifft auch die katholische Kirche.
Das weltweite katholische Hilfswerk KIRCHE IN NOT (ACN), das auch in Mexiko ein eigenes Büro hat, steht in Kontakt mit dem Priester José Filiberto Velázquez Florencio, den sie hier Pfarrer Fili nennen. Er leitet ein Zentrum für Opfer der Bandengewalt in der Diözese Chilpancingo-Chilapa. Sie liegt im Bundesstaat Guerrero im Süden Mexikos, die als Hauptschauplatz von Bandenkrieg und Gewalt gilt. Über 16 verschiedene kriminelle Gruppen kämpfen um Macht und die Kontrolle von Menschen- und Drogenhandel.
„Ich fühle mich hier wie ein Kriegsseelsorger“, sagt Pfarrer Fili. Im Jahr 2022 hatte ihn ein Gemeindepfarrer um Hilfe gebeten, in dessen Kirche über 500 Gläubige Zuflucht vor der Bandengewalt suchten. Pfarrer Fili begann, humanitäre Hilfe für sie auf die Beine zu stellen und ihre Berichte über die erlebte Gewalt zu dokumentieren, um so die Täter ausfindig zu machen.
Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten, sie sind für die katholische Kirche in Mexiko an der Tagesordnung: Drohungen, Erpressungen, Mordanschläge. Der Priester hat bereits zwei solcher Anschläge überlebt. Auf dem Weg zu einem Gottesdienst wurde er verschleppt und sollte hingerichtet werden.
Stundenlang musste er auf Knien ausharren, während die Gemeindemitglieder um sein Leben verhandelten. Im Oktober vergangenen Jahres wurde er in seinem Auto beschossen: Ein Projektil traf einen Reifen, der andere den Beifahrersitz – zum Glück war der leer. „Normalerweise habe ich keine Angst, aber manchmal überkommt sie mich doch“, erzählt Pfarrer Filiberto. „Ich weine oft, aber mich tröstet das Wissen, dass ich nicht allein bin und Gott für mich sorgt.“ In den vergangenen 18 Jahren wurden in Mexiko 40 Priester ermordet, so viele wie in keinem anderen Land Lateinamerikas.
Dennoch suchen Pfarrer Fili und seine Mitstreiter den Dialog mit den bewaffneten Gruppen, um mäßigend auf sie einzuwirken: „Wenn sie sich öffnen, gibt mir das die Gelegenheit, zu ihrem Herzen und ihrem Gewissen zu sprechen.“ So war es auch bei einem der schwersten Zusammenstöße zwischen kriminellen Gruppen und Militär im Januar und Februar dieses Jahres. Wochenlang legten die Kämpfe weite Regionen des Bundesstaats Guerrero lahm. „Es gab keinen Schulunterricht mehr, die Kranken konnten nicht mehr ins Krankenhaus gebracht werden. Dann begann die Kirche, mit den Anführern zu reden, und der Konflikt konnte gelöst werden“, berichtet Pfarrer Filiberto. Dennoch seien Kirchenvertreter von Behördenseite schikaniert und in Verbindung mit dem kriminellen Verbrechen gebracht worden.
Doch das ficht Pfarrer Fili nicht an. Er wird, wie die Kirche in Mexiko insgesamt, weiter für Gewaltopfer da sein und den Dialog suchen: „Die Kirche ist kein Club von Heiligen. Idem wir auf die Mitglieder des organisierten Verbrechens zugehen, zeigen wir lediglich, was die Kirche ausmacht: Barmherzigkeit.“
Rund 100 Millionen Wahlberechtigte in Mexiko waren am 2. Juni aufgerufen, neben dem Präsidentenamt auch den Kongress, die Regierungen von neun Bundesstaaten sowie mehr als 20 000 öffentliche Ämter zu bestimmen. Der bisherige Präsident Andrés Manuel López Obrador von der linkspopulistischen Regierungsallianz Morena darf nicht erneut antreten. Um seine Nachfolge bewerben sich für Morena die ehemalige Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt, Claudia Sheinbaum, sowie aufseiten des oppositionellen Rechtsbündnisses die indigene Politikerin Xóchitl Gálvez.
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Verwendungszweck: Mexiko
Honduras ist nach Haiti das zweitärmste Land Mittelamerikas. „75 Prozent der Bevölkerung sind von extremer Armut betroffen. Eine schwere Energiekrise mit ständigen Stromausfällen belastet das Land zusätzlich. Dazu kommen extreme Klimabedingungen mit Dürre- und sintflutartigen Regenperioden“, berichtet die für Mittelamerika zuständige Projektleiterin in der internationalen Zentrale von KIRCHE IN NOT in Königstein im Taunus, Veronica Katz. Sie hat Honduras kürzlich besucht.
Schlimmer als Armut, Versorgungs- und Klimakrise seien die Gewalt der „Maras“: „Das sind Banden, die eng mit dem Drogenhandel verbunden sind. Honduras dient als Transitland für den Drogenhandel in die USA und andere Länder. Die Maras kontrollieren in Honduras praktisch alles“, so Katz. Familien würde oft eine „Kriegssteuer“, also Schutzgelder, abgepresst.
Auch die Arbeit der Kirchen sei oft durch die Sicherheitslage eingeschränkt, etwa wenn zwei Banden darum kämpften, wer ein bestimmtes Gebiet kontrolliert. Außerdem stünden in Honduras immer weniger Priester zur Verfügung, Geistliche aus dem Ausland hätten mit großen bürokratischen Schwierigkeiten zu kämpfen.
Diese schwierigen Grundvoraussetzungen führten dazu, dass evangelikale Gemeinden und Sekten in Honduras einen enormen Aufschwung nähmen, erklärte die Projektleiterin: „Viele Sekten werden von den USA aus finanziert. Sie vervielfachen ihre Präsenz, wo die katholische Kirche weniger präsent ist. Katholiken, die nur aus Tradition und nicht aus Überzeugung katholisch sind, schließen sich schnell diesen Glaubensgemeinschaften an.“
Insgesamt herrsche in Honduras „eine große Offenheit gegenüber dem Göttlichen“, was sich aber in der großen Zahl von okkulten Praktiken ausdrücke.
Trotz dieser Schwierigkeiten gebe es auch ein sehr reges kirchliches Leben. Katz zeigte sich beeindruckt, dass viele Menschen vormittags auf Kaffee- oder Maisplantagen arbeiteten und am Nachmittag die Angebote der Kirchengemeinden in Anspruch nehmen: „Die Gläubigen füllen ihren Terminkalender mit religiösen Aktivitäten. Sie leben ihren Glauben nicht allein, sondern als Gemeinschaft.“ Darum unterstütze KIRCHE IN NOT in Honduras schwerpunktmäßig Bau und Instandsetzung von Gemeindesälen sowie die Bereitstellung von katechetischem Material. Denn Bildung sei ein sehr wichtiges Thema.
Katz berichtete auch davon, wie sich die kirchliche Arbeit auf den Friedensprozess im Land auswirke: „Ein Priester berichtete uns, dass in seiner Pfarre ein schwerwiegender Konflikt zwischen zwei Gruppen herrschte. Doch durch treues Gebet hat Gott gehandelt, und die Gruppen sind jetzt versöhnt. Es ist kaum vorstellbar: Gemeindemitglieder, die sich früher gegenseitig fast umbrachten, beten nun gemeinsam.“
Honduras hat etwa 11 Millionen Einwohner, von denen sich die Mehrheit zum Christentum bekennt. Das Land hat den höchsten Anteil von Anhängern freikirchlicher und protestantischer Gemeinden in Mittelamerika.
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Verwendungszweck: Honduras
Entführungen seien an der Tagesordnung, erklärte Mésidor: „Egal, ob man arm oder reich, ein Intellektueller oder ein Analphabet ist, jeder kann entführt werden. Das ist eine Plage, es erstickt die Haitianer.“ Auch immer mehr Priester und Ordensleute gerieten ins Visier der Banden. So seien allein in diesem Jahr mindestens sechs Ordensschwestern, sechs Ordensmänner und zwei Priester entführt worden. „Die Gangs gehen sogar so weit, dass sie in die Kirche eindringen, um Leute zu entführen. Manche Pfarren wurden geschlossen, weil die Pfarrer sich in Sicherheit bringen mussten“, sagte der Erzbischof.
Er selbst habe seit über einem Jahr seine Kathedrale und die Büroräume in der Hauptstadt Port-au-Prince nicht mehr aufsuchen können, da sich diese in einem der unsichersten Stadtviertel in der Nähe des Präsidentenpalastes befänden. Auch zwei Drittel seiner Erzdiözese seien nicht besuchbar, aktuell sei es kaum möglich, die Hauptstadt zu verlassen.
Angesichts der anhaltenden Krise in Haiti hätten bereits viele wohlhabende Bürger das Land verlassen. Weite Teile der Bevölkerung seien verarmt. Hilfen kämen aber nach wie vor an, sagte der Erzbischof. „Ohne die Hilfe von KIRCHE IN NOT und anderen wäre es sehr schwer weiterzumachen. Es ist dieser Hilfe zu verdanken, dass wir den Menschen etwas Hoffnung geben können.“ KIRCHE IN NOT unterstützt in Haiti unter anderem Lebensunterhalt und Ausbildung für Priester, Seminaristen und Ordensfrauen, Programme für Kinder und Jugendliche und die Versorgung von Binnenflüchtlingen.
„Unser Volk will leben. Es beweist viel Widerstandskraft, auch wenn gegenwärtig das Leid ein schreckliches Ausmaß annimmt“, betonte Mésidor. Er sei jedes Mal überwältigt, wenn sich trotz dieser gefährlichen Situation viele Gläubige zu den Gottesdiensten versammelten. „Bei den Prozessionen oder einem Kreuzweg im Stadtzentrum von Port-au-Prince können es bis zu 50 000 Menschen sein. Manchmal bin ich sprachlos.“
In Haiti herrscht nach der Rücktrittsankündigung von Interims-Premier Ariel Henry eine Regierungskrise. Henry hatte die Regierungsgeschäfte kurz nach der Ermordung von Präsident Jovenel Moïse im Juli 2021 übernommen. Ein Übergangspräsidialrat soll nun Neuwahlen vorbereiten.
Bewaffnete Banden hatten sich Ende Februar zusammengeschlossen und Henrys Rücktritt gefordert. Inzwischen sind laut der Internationalen Organisation für Migration mehr als 360 000 Menschen innerhalb Haitis vor der Gewalt geflohen; Beobachter gehen von einer sich verschärfenden Hungersnot im Land aus.
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Verwendungszweck: Haiti
Im Herzen des argentinischen Patagoniens begegnet Bischof Roberto Álvarez täglich den einzigartigen Herausforderungen seines Missionslandes. Seine Berufung führt ihn durch eine Landschaft, die von ihrer Unwegsamkeit, kulturellen Diversität und einem spürbaren Mangel an materiellen Ressourcen geprägt ist. Als Bischof der Diözese Rawson und gleichzeitig als Apostolischer Administrator der Diözese Comodoro Rivadavia trägt er seit Oktober 2023 eine doppelte Last, die seine Hingabe und seinen Glauben täglich auf die Probe stellt.
Das Bistum Rawson, das sich in einer Region erstreckt, in der christliche Wurzeln weniger tief verankert sind, sieht sich mit einer Vielzahl von Herausforderungen konfrontiert. Die historische Migration hat eine kulturelle und religiöse Vielfalt hervorgebracht, die das Evangelisierungsbestreben sowohl bereichert als auch erschwert. Der Einfluss protestantischer Kirchen und die Präsenz verschiedener ethnischer Gruppen zeugen von der komplexen religiösen Landschaft, in der Bischof Álvarez wirkt.
Die Diözese Rawson umfasst ein riesiges Gebiet, das größer als Österreich ist, und bringt logistische Schwierigkeiten mit sich, die in vielen anderen Teilen der Welt unvorstellbar wären. Die Abgelegenheit vieler Gemeinden und die schlechte Infrastruktur erfordern von Bischof Álvarez und seinem Team immense Anstrengungen und Opfer. Lange Autofahrten über hunderte Kilometer sind keine Seltenheit, um die Heilige Messe zu feiern oder an pastoralen Treffen teilzunehmen. Diese Entfernungen stellen nicht nur eine physische, sondern auch eine finanzielle Belastung dar, da die Reisekosten oft ein signifikantes Budget der Diözese beanspruchen.
Inmitten dieser Herausforderungen hebt Bischof Álvarez die Bedeutung der Ausbildung und Unterstützung des Klerus hervor. Mit einer kleinen Zahl von Priestern, die über ein so großes Gebiet verteilt sind, kommt den Laien eine entscheidende Rolle zu. Ihre Beteiligung und ihr Engagement sind unverzichtbar für die Erfüllung der pastoralen Aufgaben. Die Pflege und Begleitung der Priester, insbesondere die Förderung junger Geistlicher, ist ein Schwerpunkt seiner Arbeit, der ihm Zufriedenheit und Hoffnung gibt.
Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten und die zunehmende Armut in der Region belasten Bischof Álvarez zusätzlich. Seine persönlichen Umstände – das Leben ohne eigenes Zuhause und die Abhängigkeit von der Gastfreundschaft seiner Priester – spiegeln seinen tiefen Einsatz und seine Demut wider. Trotz dieser Herausforderungen bleibt er optimistisch und findet Freude in seinem Dienst, getragen von einer Gemeinschaft, die sich durch Solidarität und gegenseitige Unterstützung auszeichnet.
Die Unterstützung durch KIRCHE IN NOT ist für die Diözese von unschätzbarem Wert. Sie ermöglicht die Deckung von Grundbedürfnissen, wie Treibstoff für die pastoralen Fahrten, und unterstützt die Arbeit der Ordensgemeinschaften, die in den abgelegensten Gebieten tätig sind. Die Schwestern vom heiligen Johannes dem Täufer leisten unter härtesten Bedingungen pastorale und soziale Arbeit, die ohne externe Hilfe nicht möglich wäre.
Bischof Álvarez‘ Geschichte ist eine von unermüdlichem Engagement und tiefer Glaubensüberzeugung, die in einem der herausforderndsten Missionsgebiete der Welt zum Ausdruck kommt. Trotz der Schwierigkeiten, die seine Mission mit sich bringt, bleibt sein Geist unbeugsam, getragen von der Hoffnung, dass die Saat, die er in Patagonien sät, auf fruchtbaren Boden fällt und wächst, unterstützt durch die Solidarität und das Gebet der weltweiten Kirche.
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Regina Lynch, Geschäftsführende Präsidentin des weltweiten katholischen Hilfswerks KIRCHE IN NOT (international: Aid to the Church in Need – ACN) kehrte vor kurzem von einer Lateinamerika-Reise zurück. In Chile, Brasilien, Kolumbien und Mexiko betreibt KIRCHE IN NOT eigene Nationalbüros. Lynch berichtet über die aktuellen Herausforderungen in diesen Ländern.
Was war der Anlass für Ihre Reise?
Regina Lynch: Chile, Brasilien, Kolumbien und Mexiko sind Länder, die Hilfe von „Kirche in Not“ erhalten, die aber auch selber Spendenkampagnen für Christen in Not in anderen Teilen der Welt organisieren. Es ist wunderbar, wenn Menschen über ihr eigenes Leid hinausblicken können. Deshalb war es mir ein Bedürfnis, die Büros von „Kirche in Not“ in Lateinamerika zu besuchen.
Ihre erste Station war Chile. Wie ist die Lage dort?
Chile war das erste Land in Lateinamerika, das „Kirche in Not“ unterstützt hat. Das war 1962. Das Land ist geprägt von vielen Auseinandersetzungen. Das betrifft auch die Kirche: Da waren die Skandale um sexuellen Missbrauch, und seit 2019 gibt es immer wieder Brandanschläge auf Gotteshäuser. Das ist keine einfache Ausgangslage. Dennoch werden unsere Wohltäter in Chile aktiv und spenden. Ich glaube, sie tun das, weil sie sich ihrer eigenen schwierigen Situation bewusst sind.
Ja, wir konzentrieren uns dort sehr stark auf das Thema Ausbildung, vor allem von Priesterseminaristen und Katecheten. Traurigerweise müssen wir aufgrund der Angriffe auf Kirchen und Kapellen in Chile auch beim Wiederaufbau und der Instandsetzung der beschädigten Gebäude helfen.
Ihre nächste Station war Brasilien. Vor welchen Herausforderungen steht die Kirche dort?
60 bis 65 Prozent der Menschen in Brasilien sind katholisch, aber ihre Zahl sinkt Jahr für Jahr. Viele Gläubige schließen sich Sekten an. Aufgrund des Drogenhandels gibt es sehr viel Gewalt. Ich habe zum Beispiel in São Paulo arme Gegenden besucht, in die sich nicht einmal die Polizei hineinwagt. Ich war beeindruckt von den Mitarbeitern der neuen kirchlichen Bewegungen, die in diesen Slums mit den Menschen leben, Schulen betreiben und die viel Respekt in der Bevölkerung genießen. In Rio habe ich eine Kapelle besucht, die in einem Einkaufszentrum untergebracht ist. Es gibt mehrere solcher Einrichtungen. Das ist ein innovativer Weg, um Menschen zu erreichen.
Ihr nächstes Ziel Kolumbien gilt als Zentrum des internationalen Drogenhandels…
Ja, das Land erlebt ein extremes Ausmaß an Gewalt. Es gibt auch gesellschafspolitische Entwicklungen, wie die Legalisierung der Sterbehilfe oder der Abtreibung, zu denen die Kirche Stellung beziehen muss, um die Menschen gut zu begleiten. Die Kirche in Kolumbien spielt auch eine sehr wichtige Rolle für Menschen, die vor der Dauerkrise und der enormen Armut in Venezuela fliehen. Die Kirche tut enorm viel, um diese Migranten zu unterstützen.
Ihre Reise endete in Mexiko, einem Land, in dem in der jüngeren Vergangenheit viele Priester ermordet wurden.
Mexiko ist für Priester eines der gefährlichsten Länder der Welt. Es gibt dort viel organisiertes Verbrechen, und wenn ein Priester es wagt, das anzusprechen, kann er dafür mit seinem Leben bezahlen. KIRCHE IN NOT hat gerade erst ein Friedenstreffen in Puebla unterstützt. Die Idee für dieses Treffen entstand nach dem Mord an zwei Jesuiten vor einem Jahr. Wenn irgendeine Hoffnung auf Veränderung in Mexiko besteht, dann ist es die Kirche, die dazu beitragen kann.
Das gilt auch im Blick auf die Migranten, die oft Opfer von Drogenkartellen und anderen kriminellen Gruppen werden. Die Kirche ist eine der wenigen Einrichtungen, die sich für diese Menschen einsetzt. Ich habe den Eindruck, dass dies vom Staat nicht immer anerkannt wird, was sehr bedauerlich ist.
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Verwendungszweck: Lateinamerika
Seit jeher kennt die Kirche die Tradition der Messstipendien, das heißt, dass Gläubige die Priester um eine Heilige Messe in bestimmten Anliegen bitten und ihnen dafür Geld oder andere kleine Gaben geben. Dabei geht es nicht darum, die Heilige Messe zu „bezahlen“, denn dies ist nicht möglich, sondern es handelt sich um ein Zeichen der Dankbarkeit und der Liebe. Für viele Priester vor allem in ärmeren Ländern ist dies ein unersetzlicher Beitrag zu ihrem Lebensunterhalt, denn oft erhalten sie kein Gehalt. Zugleich ist ein großes Zeichen der Liebe, für Lebende oder Verstorbene eine Heilige Messe feiern zu lassen – es ist das Größte, was man einem Menschen schenken kann.
Im vergangenen Jahr konnten wir fast 1,9 Millionen Messstipendien an 40.730 bedürftige Priester in allen Teilen der Welt weitergeben. Auch 15 Spiritanerpatres, die in Mexiko tätig sind, bedanken sich für 300 Messstipendien in einer Gesamthöhe von 7.260 Euro. Der Orden ist darauf angewiesen, um unter anderem für notwendige medizinische Behandlungen seiner Mitglieder aufkommen zu können. Die Patres stammen aus verschiedenen Ländern.
Der aus Afrika stammende Pater Obiang Edou Yannick schreibt uns: „Mit Freude und Dankbarkeit möchten wir KIRCHE IN NOT für die Unterstützung und für die Bedeutung danken, die Sie unserer Mission der Erstevangelisierung unter den Tenek- und Nahuatl-Völkern in Mexiko beimessen. Dank Ihrer Unterstützung konnten einige unserer Schwierigkeiten überwunden werden. Möge Gott Sie segnen und möge die Mission Christi bis an die Enden der Erde reichen.“
Sein Mitbruder, Pater Baltazar Hernández, dankt ebenfalls im Namen aller seiner Mitbrüder: „Gnade, Liebe und Frieden sei mit euch! Mit großer Dankbarkeit wende ich mich an KIRCHE IN NOT und danke für die freundliche Unterstützung durch Messintentionen im Jahr 2022. Vielen Dank für diese großzügige Unterstützung, die uns ermutigt, unsere missionarische Arbeit an der Seite der Bedürftigsten fortzusetzen… Möge Gott Euch mit Segen erfüllen in Eurer Arbeit, um denen zu helfen, die am wenigsten haben.“
Auch in diesem Jahr freuen sich viele tausend bedürftige Priester auf Eure Messanliegen.
Die Strände von Necoclí im Nordwesten Kolumbiens waren einst ein Traumziel von Touristen. Mittlerweile sind die Karibik-Strände zu einer Durchgangsstation für Auswanderer geworden, die von hier aus nach Panama und weiter in die USA gelangen wollen.
Viele von ihnen stammen aus Venezuela. Die anhaltende Krise in ihrem Land lässt sie alles zurücklassen. Sie sind oft bereits seit Wochen zu Fuß unterwegs, tragen ihre Kinder und ein wenig Gepäck bei sich.
Manche versuchen in Necoclí ein Schiff zu finden, dass sie nach Panama bringt. Die meisten wählen jedoch den gefährlichen Landweg durch den dichten, bergigen Regenwald. 2022 sollen auf diesem Weg rund eine Viertelmillion Menschen ins Land gelangt sein, berichten Panamas Behörden. Von dort geht es tausende Kilometer weiter durch Costa Rica, Nicaragua, Honduras, Guatemala, Mexiko bis in die USA – wenn die Migranten durchkommen.
Fünf Uhr morgens: Franziskaner-Schwester Gloria Gelpud Mallama ist mit ihren Mitschwestern schon am Strand und in den Straßen von Necoclí unterwegs, wo die meisten Auswanderer unter freiem Himmel übernachten.
„Die Leute brechen immer sehr schnell auf, es herrscht ein ständiges Kommen und Gehen. Wenn wir frühmorgens dran sind, haben wir noch eine Chance, die Menschen anzutreffen und ihnen Hilfe anzubieten.“
Die Not ist groß: Viele Auswanderer sind unterernährt, erschöpft oder krank. Die Schwestern verteilen in einem nahen Gemeindezentrum Lebensmittel, vermitteln sie weiter an Ärzte. In ihrem Dienst wechseln sie sich mit Ordensfrauen aus anderen Klöstern ab.
Vor allem schenken die Schwestern ein offenes Ohr, denn jeder, dem sie begegnen, hat eine erschütternde Geschichte zu erzählen: „Viele wurden auf der Reise bestohlen“, berichtet Schwester Gloria.
„Sie haben an vielen Orten das Gefühl, niemandem vertrauen zu können. Deshalb kommen sie zu uns.“ Nicht nur Auswanderer aus Venezuela, sondern auch aus Haiti, Kuba und sogar aus Angola, Indien und China habe sie bei ihrer Tour getroffen.
„Wir diskriminieren niemanden, unsere Hilfe ist für alle da“, betonte auch ihre Mitschwester Diana Sanchez. Die Kirche und ihre Einrichtungen seien ein Bezugspunkt für viele Migranten. Es gehe darum, Erste Hilfe zu leisten. „Ist die Kirche nicht da, ist sonst niemand da.“ Staatliche oder andere öffentlichen Hilfe gibt es so gut wie keine.
KIRCHE IN NOT unterstützt deshalb die Ordensfrauen von Necoclí bei ihrer täglichen Arbeit. So konnte zum Beispiel die Einrichtung für eine Armenküche angeschafft und ein Begegnungsraum eingerichtet werden. Aber die Schwestern bitten auch um katechetisches Material wie Bibeln und Gebetbücher.
Denn immer wieder bitten die Migranten die Schwestern, mit ihnen und für sie zu beten. Sie suchen Trost im Glauben. Für viele von ihnen endet die Reise tödlich, wissen die Ordensfrauen.
Umso mehr freuen sie sich, wenn sich einige Migranten oft nach Monaten wieder bei ihnen melden. Es sind Botschaften des Dankes, weil sie bei ihrer gefährlichen Reise in den Schwestern tätige Nächstenliebe und Barmherzigkeit gefunden haben.
Empfänger: KIRCHE IN NOT
IBAN: AT71 2011 1827 6701 0600
Verwendungszweck: Kolumbien