Die Bischöfe von Panama, Kolumbien und Costa Rica haben sich darauf verständigt, die Seelsorge und humanitäre Betreuung von Flüchtlingen im Darién-Dschungel zu verstärken. Das betonte Erzbischof José Domingo Ulloa Mendieta aus Panama-Stadt bei einem Besuch in der internationalen Zentrale KIRCHE IN NOT in Königstein.
Der Darién-Dschungel (auch „Darién Gap“) ist ein Urwaldgebiet an der Grenze zwischen Kolumbien und Panama. Jährlich durchqueren hunderttausende Menschen das unwegsame Gelände Richtung Norden, um vorrangig in die Vereinigten Staaten zu gelangen. Der direkte Weg durch unwegsames Gelände ist circa 100 Kilometer lang.
„In Anbetracht der zunehmenden humanitären Krise, der Todesgefahren und der extremen Verwundbarkeit, der die Migranten ausgesetzt sind, möchten wir unsere Stimme erheben“, sagte der Erzbischof. Die Darién Gap gilt als eine der gefährlichsten Fluchtrouten Lateinamerikas, wird aber immer mehr genutzt: Beobachter schätzen, dass dieses Jahr die Millionen-Marke erreicht werden könnte.
Ulloa berichtete von einem Besuch in der Region zusammen mit Bischofskollegen aus den Grenzregionen: „Es brach uns das Herz, die Gesichter der Migranten zu sehen. Ungefähr 40 Prozent der Menschen, die den Dschungel durchqueren, sind weiblich. Dazu kommen viele Kinder.“ Die Zahl der Toten entlang der Fluchtroute kenne niemand, da viele verunglückte Menschen nicht geborgen werden könnten.
Neben Tropenkrankheiten und Wildtieren stellen bewaffnete Gruppen und Menschenhändler eine große Gefahr dar, die „aus der Verzweiflung der Menschen ein Geschäft machen“, prangerte der Erzbischof an.
Viele Menschenhändler erklärten in den sozialen Medien, die Durchquerung des Darién-Dschungels sei problemlos möglich. Dadurch wollen sie weitere Migranten anlocken. Die Bischöfe der Region haben sich nun zu einer eigenen Social-Media-Kampagne entschlossen, um über die Gefahren aufzuklären und auf Hilfsmöglichkeiten hinzuweisen.
Darüber hinaus wolle die Kirche auf der Fluchtroute präsent sein, „indem wir zum Beispiel Kliniken für Kinder oder für Frauen einrichten, die missbraucht wurden und eine besondere Traumabehandlung benötigen“, erklärte Ulloa. „Wir brauchen Orte, an denen Priester oder Ordensfrauen den Menschen Trost spenden können.“
Der Erzbischof gab zu, dass einerseits die dramatische wirtschaftliche Situation der Auswanderer nachvollziehbar, andererseits wegen der Gefahren und der weiteren Probleme in den Zielländern die Sehnsucht nach Auswanderung oft schwer zu verstehen sei, „aber wir müssen uns in die Lage der Migranten versetzen. Wir müssen die Menschen sensibilisieren, sie nicht als Bedrohung zu sehen, sondern sie zu integrieren.“
Hilfreich könnte dabei sein, dass zahlreiche Migranten in ihren Heimatländern in Pfarrgemeinden und als Katecheten aktiv gewesen seien. Darin liege eine Chance für die Aufnahmeländer, um vom spirituellen wie organisatorischen Know-how der Einwanderer zu profitieren.
Erzbischof Ulloa bat um Unterstützung für die pastorale und karitative Sorge um die Migranten im Darién-Dschungel: „Ich wünsche mir, dass die Menschen spüren, dass die Kirche eine Mutter ist, die ihre Wunden heilen will.“
Empfänger: KIRCHE IN NOT
IBAN: AT71 2011 1827 6701 0600
Verwendungszweck: Panama
Die Strände von Necoclí im Nordwesten Kolumbiens waren einst ein Traumziel von Touristen. Mittlerweile sind die Karibik-Strände zu einer Durchgangsstation für Auswanderer geworden, die von hier aus nach Panama und weiter in die USA gelangen wollen.
Viele von ihnen stammen aus Venezuela. Die anhaltende Krise in ihrem Land lässt sie alles zurücklassen. Sie sind oft bereits seit Wochen zu Fuß unterwegs, tragen ihre Kinder und ein wenig Gepäck bei sich.
Manche versuchen in Necoclí ein Schiff zu finden, dass sie nach Panama bringt. Die meisten wählen jedoch den gefährlichen Landweg durch den dichten, bergigen Regenwald. 2022 sollen auf diesem Weg rund eine Viertelmillion Menschen ins Land gelangt sein, berichten Panamas Behörden. Von dort geht es tausende Kilometer weiter durch Costa Rica, Nicaragua, Honduras, Guatemala, Mexiko bis in die USA – wenn die Migranten durchkommen.
Fünf Uhr morgens: Franziskaner-Schwester Gloria Gelpud Mallama ist mit ihren Mitschwestern schon am Strand und in den Straßen von Necoclí unterwegs, wo die meisten Auswanderer unter freiem Himmel übernachten.
„Die Leute brechen immer sehr schnell auf, es herrscht ein ständiges Kommen und Gehen. Wenn wir frühmorgens dran sind, haben wir noch eine Chance, die Menschen anzutreffen und ihnen Hilfe anzubieten.“
Die Not ist groß: Viele Auswanderer sind unterernährt, erschöpft oder krank. Die Schwestern verteilen in einem nahen Gemeindezentrum Lebensmittel, vermitteln sie weiter an Ärzte. In ihrem Dienst wechseln sie sich mit Ordensfrauen aus anderen Klöstern ab.
Vor allem schenken die Schwestern ein offenes Ohr, denn jeder, dem sie begegnen, hat eine erschütternde Geschichte zu erzählen: „Viele wurden auf der Reise bestohlen“, berichtet Schwester Gloria.
„Sie haben an vielen Orten das Gefühl, niemandem vertrauen zu können. Deshalb kommen sie zu uns.“ Nicht nur Auswanderer aus Venezuela, sondern auch aus Haiti, Kuba und sogar aus Angola, Indien und China habe sie bei ihrer Tour getroffen.
„Wir diskriminieren niemanden, unsere Hilfe ist für alle da“, betonte auch ihre Mitschwester Diana Sanchez. Die Kirche und ihre Einrichtungen seien ein Bezugspunkt für viele Migranten. Es gehe darum, Erste Hilfe zu leisten. „Ist die Kirche nicht da, ist sonst niemand da.“ Staatliche oder andere öffentlichen Hilfe gibt es so gut wie keine.
KIRCHE IN NOT unterstützt deshalb die Ordensfrauen von Necoclí bei ihrer täglichen Arbeit. So konnte zum Beispiel die Einrichtung für eine Armenküche angeschafft und ein Begegnungsraum eingerichtet werden. Aber die Schwestern bitten auch um katechetisches Material wie Bibeln und Gebetbücher.
Denn immer wieder bitten die Migranten die Schwestern, mit ihnen und für sie zu beten. Sie suchen Trost im Glauben. Für viele von ihnen endet die Reise tödlich, wissen die Ordensfrauen.
Umso mehr freuen sie sich, wenn sich einige Migranten oft nach Monaten wieder bei ihnen melden. Es sind Botschaften des Dankes, weil sie bei ihrer gefährlichen Reise in den Schwestern tätige Nächstenliebe und Barmherzigkeit gefunden haben.
Empfänger: KIRCHE IN NOT
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Verwendungszweck: Kolumbien
Sieben Wochen nach Beginn der Militärinvasion in der Ukraine hat das weltweite katholische Hilfswerk KIRCHE IN NOT die zweite Phase seiner Nothilfe eingeleitet. Gut 1,5 Millionen Euro gehen an Ordensfrauen, Priester, Pfarren, Priesterseminare, Klöster, kirchliche Waisenhäuser und Flüchtlingseinrichtungen.
Damit hat KIRCHE IN NOT bereits fast drei Millionen Euro an Nothilfe für den Einsatz der Kirche in der Ukraine geleistet. Schon am ersten Kriegstag hatte das Hilfswerk ein Hilfsprogramm in Höhe von 1,3 Millionen Euro gestartet.
Schwerpunkt der neuen Nothilfen ist die Flüchtlingsarbeit, die Klöster und Pfarrgemeinden vor allem im Westen der Ukraine leisten. Viele von ihnen haben Flüchtlinge aufgenommen. Versorgung und Unterbringung sind eine enorme pastorale und finanzielle Herausforderung. Zahlen des UN-Flüchtlingshilfswerks zufolge sind rund zehn Millionen Ukrainer auf der Flucht – das ist rund ein Viertel der Gesamtbevölkerung. Etwa sechs Millionen von ihnen sind Binnenflüchtlinge.
„Die neuen Nothilfen gehen gezielt an Einrichtungen, die Flüchtlinge beherbergen. Neben Lebensmitteln oder Medikamenten werden Stromgeneratoren gebraucht, um für so viele Menschen kochen oder heizen zu können“, erklärte die Projektverantwortliche des Hilfswerks für die Ukraine, Magda Kaczmarek. Sie hält sich in der Karwoche zusammen mit einem weiteren Vertreter von KIRCHE IN NOT im westukrainischen Lwiw (Lemberg) auf, um Solidarität mit den Menschen zu zeigen und weitere Hilfen zu koordinieren.
Aktuell würden vermehrt Transportfahrzeuge benötigt, damit die Hilfsgüter aus der Westukraine in den Süden oder Osten des Landes gelangen könnten, teilte Kaczmarek mit. Humanitäre Hilfen aus dem Ausland werden meist bis Lwiw geliefert, danach übernehmen ukrainische Helfer den Weitertransport – oft unter Lebensgefahr. Auch Diözesen und Pfarreien haben Hilfstransporte gestartet. Sie sorgen auch dafür, dass die Menschen in den Dörfern versorgt werden. Oft führten schon in Friedenszeiten extrem schlechte Straßen dorthin. Dies ist nach Beginn der Kämpfe noch schwieriger geworden.
Zum neuen Nothilfepaket gehören auch rund 600 000 Euro für Messstipendien. Das sind nach katholischen Brauch freiwillige Gaben für die Feier einer heiligen Messe, oft verbunden mit einem Gebetsanliegen. Sie kommen Priestern in der Ukraine zugute, die von ihren Diözesen wenig bis keinen Lohn erhalten. Sie sichern nicht nur den Einsatz der Seelsorger in den Kriegsgebieten, sondern kommen auch der Gemeindearbeit zugute – etwa wenn ein Pfarrer Benzin für ein Fahrzeug mit Hilfsgütern kauft oder ein Gemeindemitglied ins Krankenhaus transportiert.
„KIRCHE IN NOT war eine der ersten Organisationen, die Nothilfe für die Ukraine zugesagt hat“, erklärte Magda Kaczmarek. Das Hilfswerk unterstützt die Arbeit der Kirche in der Ukraine seit 1953. Die Ukraine gehört regelmäßig zu den fünf am meisten durch „Kirche in Not“ geförderten Länder weltweit. Das Hilfswerk ist in 140 Ländern aktiv.
„Es ist wichtig, dass die Menschen in der Ukraine wissen, dass sie nicht vergessen sind, auch wenn sich dieser Krieg immer länger hinzieht und kein Ende in Sicht ist“, betonte die Projektreferentin. „Wir werden weiterhin nach Möglichkeiten suchen, um den Einsatz der Ortskirche für die notleidenden Menschen zu unterstützen.“
Unterstützen Sie die Arbeit der Kirche in der Ukraine und helfen Sie den notleidenden Menschen mit Ihrer Spende – online … hier oder auf folgendes Konto:
Empfänger: KIRCHE IN NOT
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Verwendungszweck: Nothilfe Ukraine
Bitte schließen Sie die Menschen in der Ukraine in Ihr Gebet ein und beten Sie für eine friedliche und diplomatische Lösung der aktuellen Spannungen. Bestellen Sie hierfür unser kostenloses Gebetsblatt mit dem Gebet um Frieden für die Ukraine. Stellen Sie in unserer virtuellen Kapelle eine Kerze auf.
Auch Papst Franziskus beobachtet die Entwicklungen an der Ostgrenze der Ukraine und rief zum Gebet auf: „Ich appelliere eindringlich an alle Menschen guten Willens, ihr Gebet zum Allmächtigen Gott zu erheben, damit jede politische Aktion und Initiative im Dienst der menschlichen Geschwisterlichkeit stehe, mehr als der Einzelinteressen. Wer seine eigenen Ziele zum Schaden anderer verfolgt, verachtet seine eigene Berufung als Mensch, denn wir wurden alle als Geschwister geschaffen.“
Besonders werden wir in unseren Mittagsgebeten der Menschen in der Ukraine gedenken. Schließen Sie sich bitte an, damit der Glaube lebt und unser Gebet stärker sein möge als Waffen.
Nie erschien Pfarrer Lucas Perozzi seine Heimat Brasilien weiter weg als jetzt. Der Priester lebt in Kiew und durchleidet mit seiner Gemeinde „Mariä Entschlafung“ die Angst und das Elend des Krieges. Er könnte das Land verlassen, sich in seiner Heimat in Sicherheit bringen.
Aber er hat sich entschlossen zu bleiben – bei den Menschen, die ihm anvertraut sind und denen er dienen wollte, als er 2004 in das Land kam. Im Gespräch mit KIRCHE IN NOT erklärt er seine Motivation und wie es ihm und seinen Mitbewohnern gelingt, mitten im Krieg Zuversicht zu bewahren.
Aktuell leben rund 30 Menschen ständig bei Pfarrer Lucas und drei weiteren Geistlichen in den Räumen der Pfarre. Er schläft und isst nicht viel, wurde nach Kriegsbeginn sogar krank. Zeit zur Genesung blieb nicht.
Die Sorge um „seine Leute“ trieb ihn um: „Die Menschen konnten wegen der Luftalarme nicht in ihren Wohnungen bleiben. Sie schliefen in Kellern und U-Bahnhöfen. Dort ist es schrecklich: Kälte, Schmutz, es herrscht eine düstere Atmosphäre. Die Menschen waren verängstigt“, erzählt Pfarrer Lucas.
Also öffneten er uns seine Priesterkollegen die Türen der Pfarre. „Die Menschen, die zu uns gekommen sind, können jetzt nachts wieder schlafen. Es herrscht eine friedliche Atmosphäre, trotz des Krieges.“ Es herrsche eine hohe Solidarität in der kleinen Gemeinschaft: „Wenn jemand niedergeschlagen, traurig oder verängstigt ist, gibt es immer einen anderen, der Beistand leistet und zuhört.“
Also öffneten er uns seine Priesterkollegen die Türen der Pfarre. „Die Menschen, die zu uns gekommen sind, können jetzt nachts wieder schlafen. Es herrscht eine friedliche Atmosphäre, trotz des Krieges.“ Es herrsche eine hohe Solidarität in der kleinen Gemeinschaft: „Wenn jemand niedergeschlagen, traurig oder verängstigt ist, gibt es immer einen anderen, der Beistand leistet und zuhört.“
Die russische Führung hatte kürzlich angekündigt, Truppen aus der Region Kiew abzuziehen. Ans Tageslicht kommen dabei auch Gräueltaten an der Zivilbevölkerung. Die Angst sei nach wie vor allgegenwärtig, so Pfarrer Lucas im Gespräch mit KIRCHE IN NOT. Auch die Waren in den Läden seien aktuell knapp. „Einige Geschäfte haben zwar geöffnet, aber die Regale werden jeden Tag leerer. Auch Medikamente gehen allmählich aus.“
Die Soforthilfe von KIRCHE IN NOT käme zur rechten Zeit, damit er und die weiteren Seelsorger ihre Arbeit fortsetzen können. Viele Stunden am Tag sind sie damit beschäftigt, lebensnotwendige Güter für die 30 Schutzsuchenden aufzutreiben.
Seine 28 Jahre in der Ukraine seien eng mit der Hilfe von KIRCHE IN NOT verknüpft, betont Pfarrer Lucas. Er gehört seit seiner Jugend der Gemeinschaft „Neokatechumenaler Weg“ an. Bei einem Treffen in Italien wurde er eingeladen, in die Ukraine zu kommen. Dort wurde er Priester.
„Mein Priesterseminar wurde von KIRCHE IN NOT unterstützt. Meine Pfarrkirche und die Gemeinderäume, wo jetzt die 30 Personen untergebracht sind, wurde in erster Linie mit Geldern von KIRCHE IN NOT gebaut. Und ich konnte ein Auto anschaffen, um meine Gemeindemitglieder zu besuchen“, erklärt er.
Autos und Transportfahrzeuge werden gerade jetzt in Kriegszeiten für die Pfarrgemeinden in der ganzen Ukraine immer wichtiger: Sie dienen dazu, Hilfsgüter und Lebensmittel aus der Westukraine im ganzen Land zu verteilen und auch Menschen in abgelegenen Gegenden zu versorgen.
Pfarrer Lucas bleibt kaum Zeit: Gerade sei eine weitere Familie mit zwei Kindern eingetroffen. Die Menschen suchten nicht nur nach einem Dach über dem Kopf, sondern auch nach seelischem Beistand.
Und da gebe es auch schöne Erlebnisse, mitten im Krieg: „Gestern haben wir hier eine Hochzeit gefeiert, und heute gibt es schon wieder eine. Die Menschen haben keine romantischen Illusionen. Sie wollen diese Wochen in der Gnade Gottes durchleben, als Eheleute und Familien. Es kommen auch viele Menschen zur Beichte.“
Das Leben in Kiew ist schwer, und ständig droht neue Gefahr. Aber Pfarrer Lucas hat keine Sekunde überlegt, die ihm anvertrauten Menschen zu verlassen. „Ihr Leben ist mein Leben, ihr Schicksal ist mein Schicksal“, betont er. Und er ist nicht allein. Tausende Priester und Ordensleute in der Ukraine stehen der notleidenden Bevölkerung in diesen schweren Wochen bei.
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Auch Papst Franziskus beobachtet die Entwicklungen an der Ostgrenze der Ukraine und rief zum Gebet auf: „Ich appelliere eindringlich an alle Menschen guten Willens, ihr Gebet zum Allmächtigen Gott zu erheben, damit jede politische Aktion und Initiative im Dienst der menschlichen Geschwisterlichkeit stehe, mehr als der Einzelinteressen. Wer seine eigenen Ziele zum Schaden anderer verfolgt, verachtet seine eigene Berufung als Mensch, denn wir wurden alle als Geschwister geschaffen.“
Besonders werden wir in unseren Mittagsgebeten der Menschen in der Ukraine gedenken. Schließen Sie sich bitte an, damit der Glaube lebt und unser Gebet stärker sein möge als Waffen.
„Mein Name ist Majid. Ich lebe mit meinen Eltern und meinen beiden Geschwistern im Libanon, aber mein Vater hat mir erzählt, dass wir ursprünglich aus Syrien stammen. Ich bin zum Flüchtling geworden wie das Jesuskind, das mit seinen Eltern fliehen musste.“ Der zwölfjährige Majid Abboud hat keinerlei Erinnerung mehr an seine alte Heimat; er war erst drei Jahre alt, als seine Familie mit ihm die Flucht antreten musste.
Majids Vater Basman erinnert sich im Gespräch mit KIRCHE IN NOT: „Es war die Hölle: Innerhalb eines halben Jahres wurden in unserem Dorf in Syrien mindestens 50 Menschen getötet. Andere Bewohner wurden von Milizen entführt. Es gab keine Arbeit mehr, keinen Strom, keine Schulen, kein Essen.“
Als Christen stand Majids Familie besonders im Visier dschihadistischer Truppen. Viele syrische Christen geben den Slogan der Terror-Kämpfer wieder: „Alawiten (Anhänger der islamischen Konfession, der auch Syriens Präsident Assad angehört; Anm. d. Red) in den Sarg, Christen nach Beirut.“
Die Vertreibung der syrischen Christen, immerhin vor Ausbruch des Bürgerkriegs im Jahr 2011 bis zu zehn Prozent der Gesamtbevölkerung, sei von Anfang an geplant gewesen, erzählt Basman: „Es war ein Krieg mit allen Konsequenzen. Noch bevor sich die Situation verschlimmerte, wussten wir, dass unsere Häuser bereits an Islamisten vergeben waren.“
Ein Jahr nach der Eroberung des Dorfes sei es zum Inferno gekommen: „Sie griffen uns mit Gewehren an, töteten 15 junge Männer. Wir verließen mitten in der Nacht unser Haus und sind weggelaufen. Wir haben nichts mitgenommen, nur die Kleidung, die wir am Leib trugen.“ Die Familie schlug sich, wie Tausende andere, über die Grenze in den Libanon durch. Am 20. März 2012 kamen sie in Zahlé an, erzählt Basman. Das Datum wurde zum Beginn eines „zweiten Lebens“ für ihn und seine fünfköpfige Familie: eines Lebens als mittellose Flüchtlinge.
Zunächst kamen sie bei einem Verwandten unter: „15 Personen in einem kleinen Haus. Wir schliefen in zwei Schichten, weil es nicht genug Platz gab.“ In dieser Zeit erfuhr Basman vom Hilfsprogramm der melkitischen griechisch-katholischen Erzdiözese Zahlé und Furzol.
KIRCHE IN NOT unterstützt die Helfer seit Jahren: Sie vermitteln Wohnraum und greifen mittellosen Familien mit Mietbeihilfen unter die Arme, sie betreiben eine Suppenküche und beliefern Flüchtlinge mit Lebensmitteln und Medikamenten, bieten seelsorgerische und psychologische Unterstützung an und vieles mehr.
Auch Basman hat auf Vermittlung der Erzdiözese eine Arbeitsstelle gefunden. Die Familie zog in ein eigenes kleines Haus. Da das schmale Gehalt kaum ausreicht, um die Miete zu decken, sind die Abbouds auf die täglichen Mahlzeiten in der Suppenküche „Johannes der Barmherzige“ in Zahlé angewiesen. „Was wäre aus uns geworden ohne die Hilfe der Kirche?“, fragt Basman.
Das habe sich nach Ausbruch der Corona-Krise einmal mehr gezeigt. Im Libanon, das seit Jahren vor dem wirtschaftlichen Zusammenbruch steht, haben die Einschränkungen und Folgen der Pandemie wie ein Brandbeschleuniger gewirkt. Basman hat wie viele andere seine Arbeit verloren.
Nun ist seine Familie wieder ganz auf fremde Hilfe angewiesen: „Wenn die Libanesen schon keine Arbeit haben, wie soll es dann uns Flüchtlingen gehen? Ohne die großzügige Hilfe wüssten wir nicht, was wir tun sollten.“ Als Basmans Frau dieses Jahr schwer erkrankte und eine Operation benötigte, wurde diese im Krankenhaus Tel-Chia der Erzdiözese durchgeführt – natürlich kostenlos.
Nun ist die Familie wieder gesund vereint und kann Weihnachten feiern. Majid freut sich darauf, obwohl das Fest mit schmerzhaften Erinnerungen durchsetzt ist: „Manchmal sind meine Eltern und meine Geschwister sehr traurig. Papa erzählt, dass wir in Syrien ein großes Haus hatten. An Weihnachten war die Kirche in unserem Dorf festlich geschmückt, alle kamen dort zusammen. Wir haben Heimweh.“
Nach seinen Weihnachtswünschen gefragt, antwortet Majid ungewöhnlich für einen Zwölfjährigen: „Ich wünsche mir, dass die Menschen an Familien wie die meine denken und uns helfen, Hoffnung auf eine bessere Zukunft zu haben. Frohe Weihnachten an alle!“
Empfänger: KIRCHE IN NOT
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Verwendungszweck: Libanon
„Es sollte nie Nacht werden. Ich habe so Angst, wenn es dunkel wird. Meine Nächte sind voller Qualen und Albträume“, gesteht die Nigerianerin Naomi im Gespräch mit KIRCHE IN NOT. Naomi ist eine von 30 000 Binnenvertriebenen, die im Flüchtlingslager von Pulka nahe der Grenze zu Kamerun Zuflucht gefunden haben. 20 solcher Camps gibt es im Bundesstaat Borno.
Wie so viele ihrer Landleute im Nordosten Nigerias durchlebt Naomi Nacht für Nacht dieselben traumatischen Erinnerungen: Die Terrormiliz Boko Haram erobert ihr Dorf, Angehörige werden vor ihren Augen ermordet, sie wird verschleppt, mit einem Terroristen zwangsverheiratet, missbraucht.
Auch der 33-jährige Familienvater Charles hat Angst vor der Nacht: „In meinen Träumen erlebe ich ein ums andere Mal die Zeit, als wir uns vor den Terroristen verstecken mussten. Sie griffen vor allem in der Dunkelheit an, also verbrachten wir zahllose Nächte weit außerhalb des Dorfes, unter freiem Himmel.“
Die Angriffe von Boko Haram haben das Leben von Naomi und Charles für immer auf den Kopf gestellt. Im Bundesstaat Borno sind die meisten Bewohner Muslime, in ganz Nigeria ist das Verhältnis von Christen und Muslimen etwa 50:50.
Naomi und Charles sind Christen. Vor gut 50 Jahren kamen Missionare in die Region. Sie brachten nicht nur den christlichen Glauben, sie eröffneten auch flächendeckend Schulen. Gegen beides richtet sich der Hass der Extremisten von Boko Haram: Sie wollen die Christen auslöschen – und die Schulbildung, die ihnen als „westlich“ und daher gefährlich gilt.
Der Glaube war es, der viele Einwohner in den vergangenen Jahren Unglaubliches ertragen ließ, ist Pfarrer Christopher überzeugt. Der Priester des Bistums Maiduguri kümmert sich um die vertriebenen Christen. KIRCHE IN NOT unterstützt ihn dabei.
„Zunächst wurden sie bedrängt, zum Islam zu konvertieren. Dann wurden die Extremisten immer gewalttätiger“, erzählt der Priester. Ab 2015 sei die Lage so bedrohlich geworden, dass zehntausende Menschen die Flucht nach Kamerun antraten. Dort blieben sie einige Jahre – oft in erbärmlichsten Zuständen –, bis die nigerianische Armee ihre Dörfer zurückerobert hatte.
„Wir sind seit zwei Jahren wieder zurück, aber es ist zu unsicher, in unseren Dörfern zu wohnen“, erzählt der vierfache Familienvater Charles. „Wir sind zwar näher an unserer Heimat, aber wir leben immer noch in Lebensgefahr.“
Also hausen die Heimkehrer in Camps, schlafen in Zelten oder oft unter freiem Himmel. Die Notunterkunft wird zum Gefängnis: „Sie können kaum hier raus. Sie könnten sonst überfallen oder getötet werden. Das ist bereits geschehen bei Bauern, die ihre Felder bestellt haben“, erklärt Pfarrer Christopher.
Auch er ist ständig einem Risiko ausgesetzt, wenn er zwischen dem Flüchtlingscamp und seiner Pfarrei pendelt. Dort lebt er selbst in einer Notunterkunft, da die Boko-Haram-Kämpfer die Pfarrerwohnung zerstört haben. KIRCHE IN NOT unterstützt den Wiederaufbau.
Der Priester hört im Camp den Vertriebenen einfach zu, versucht Lebensmittel aufzutreiben oder hilft mit ein paar anderen Dingen des täglichen Bedarfs aus. Gerade rund um Weihnachten werden seine Besuche sehnsüchtig erwartet, erzählt Naomi: „Pfarrer Christoper ist ein echter Vater für uns alle. Wenn es uns schlecht geht, macht er uns Mut. Weihnachten ist eine schwere Zeit für uns. Früher kamen Verwandte von überall her, um mit uns zu feiern. Als die Angriffe begannen, war Weihnachten nicht mehr, was es einmal war.“
Auch Charles gesteht gegenüber KIRCHE IN NOT, „dass es in unserer Situation schwer ist, Weihnachten zu feiern. Die meisten von uns haben alles verloren.“ Entschlossen fügt er hinzu: „Das Evangelium gibt mir die Kraft, all das Leid auszuhalten, das wir jeden Tag erleben. Unser Leben liegt in Gottes Hand. Jesus Christus ist meine Rettung, das feiere ich an Weihnachten.“
Nachdem es in den Flüchtlingscamps in jüngster Zeit einige Cholerafälle gab, ist der Bedarf an medizinischer Versorgung und sauberem Trinkwasser enorm hoch, weiß Pfarrer Christopher. Darüber hinaus wünschten sich viele vertriebene Menschen, dass sie ihre Ausbildung oder ein Studium fortsetzen können.
Der Weihnachtswunsch des Priesters für sich und die ihm anvertrauten Menschen ist jedoch ganz schlicht: „Wir wollen ein normales Leben führen und wieder in unsere Häuser zurückkehren. Die Menschen hier verlassen sich auf die Kirche, weil sie stets versucht, ihre Tränen zu trocknen.“
Empfänger: KIRCHE IN NOT
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Verwendungszweck: Nigeria
In der Pfarre von Itoculo in der Diözese Nacala wurde ein Aufnahmeprogramm für Vertriebene aus Cabo Delgado ins Leben gerufen. Die Binnenvertriebenen sind Opfer des Terrorismus, der seit Oktober 2017 in der nördlichen Region Mosambiks wütet und mehr als 3000 Tote und 850 000 Vertriebene im ganzen Land hinterlassen hat.
Knapp 22 000 von ihnen, in der Hauptsache Frauen und Kinder, haben in Nacala Zuflucht gesucht, obwohl der Diözese mehr als 400 Kilometer von ihrer Heimat entfernt ist. In der Gemeinde Itoculo wurden mehr als hundert Vertriebene aufgenommen: 117 Personen, fast die Hälfte davon Kinder. Sie stehen im Mittelpunkt einer vom Hilfswerk KIRCHE IN NOT (ACN) unterstützten Initiative, mittels derer ihnen psychosoziale Hilfe angeboten wird. Dies soll ihnen helfen, die Herausforderungen, denen sie als Kriegsopfer ausgesetzt sind, besser zu bewältigen.
Unter den Bäumen, die Schutz vor der unerbittlichen afrikanischen Sonne bieten, sitzt eine Gruppe von Kindern auf dem Boden und isst ihre wahrscheinlich einzige Mahlzeit des Tages: Brei.
Zeca Virgilio und Amon Ali sind zwei Betreuer der Caritas, die das KIRCHE IN NOT-Projekt koordinieren. Sie tragen ein blaues T-Shirt mit den Logos der beiden Institutionen. Virgilio erzählt, dass er den Kindern hilft, „zu beten, auf die Hygiene zu achten, sich die Hände zu waschen …“. Virgilio fügt hinzu, dass er seine Arbeit sehr mag, „weil sie den Menschen hilft“. Auch Amon freut sich, den Vertriebenen ein neues Leben zu schenken, und wenn dies am Straßenrand ist, wo sie arbeiten.
Jeden Tag „erfinden“ sie neben den Häusern ein Klassenzimmer und eine Cafeteria. Der Himmel ist die „Decke“ und die Erde und die Gräser sind der „Boden“ von den Klassenzimmern und dem Speisesaal. Die Kinder essen Brei, eine wahre „Vitaminspritze“, die aus Mais, Milch, Eierschalen und allem, was sie sonst noch auftreiben können, besteht. Hunger ist eine grausame Realität.
In einer Botschaft vom März 2021 unterstrich Bischof Alberto Vera von Nacala die Dringlichkeit, die Binnenvertriebenen zu unterstützen: „Leider herrscht jetzt eine weit verbreitete Hungersnot aufgrund der geringen Produktion in der Landwirtschaft im Jahr 2020 und der fehlenden Niederschläge in diesem Jahr“, so der Bischof. Er erklärte, dass sich deshalb 85 % der Bevölkerung „in einer Situation extremer Verwundbarkeit“ befinde, was den „sozialen Druck noch verstärkt“ habe.
Es sind schwierige Zeiten, aber die Antworten seitens der Ortskirche auf die Notlage sind ein Zeichen der Hoffnung. Das Projekt zur psychosozialen Unterstützung von vertriebenen Familien in der Pfarre von Itoculo ist ein gutes Beispiel dafür. Außer von Caritas und KIRCHE IN NOT wird das Projekt auch von Pater Mário João unterstützt, einem portugiesischen Priester, der in Mosambik als Missionar tätig ist.
Aufgrund seiner Größe und seiner langen blonden Haare bleibt er nicht unbemerkt. Pater Mário João spricht mit KIRCHE IN NOT in Mweravale, einer der Gemeinden, die Vertriebene aus Cabo Delgado aufgenommen haben: „Sie kamen im März 2020 hier an. Im September haben wir dieses Projekt mit drei Schwerpunkten gestartet: Für die Jüngeren gibt es die so genannten ‚Freunde der Kinder’, mit Spielen, die den Kindern helfen sollen, ein wenig von dem aufzuarbeiten, was sie in Cabo Delgado erlebt haben. Die Erwachsenen bekommen in einem Raum die Möglichkeit, die Sprache Macua zu lernen und in Mathematik fortgebildet zu werden. Dann gibt es einen Raum, in dem ein weiterer Schwerpunkt unserer Arbeit stattfindet, den wir ‚aktives Zuhören’ nennen. Hier können sich die Vertriebenen über die guten und weniger guten Dinge austauschen, die sie erlebt haben. Das soll ihnen helfen, die Schwierigkeiten und Traumata des Krieges in Cabo Delgado zu überwinden“.
Pater Mário kennt die Geschichte der Vertriebenen sehr gut. „Sie haben ihre Heimat verlassen, bevor die Lage schwieriger wurde. Als sie erfahren hatten, dass sich die Terroristen den Dörfern näherten, sind sie geflohen. Sie sind hierhergekommen, weil sie Verwandte hatten, die schon länger hier lebten. Also kamen Verwandte, Nachbarn und Freunde und ließen sich hier nieder.“
Das Projekt von Caritas Nacala, das von den Wohltätern von KIRCHE IN NOT finanziert wird, hilft 117 Vertriebenen aus Cabo Delgado. Beteiligt sind sieben lokale Partner, die von drei Missionaren unterstützt werden. In Itoculo kann man jetzt die fröhlichen Stimmen der Kinder hören, vor allem bei den Mahlzeiten. Für diese Vertriebenen sind es ungewisse Zeiten. Viele wollen in ihre Heimatdörfer zurückkehren und warten sehnsüchtig darauf. Sie müssen die Nachrichten aus dem Norden im Auge behalten. Wenn die Angriffe aufhören, ist es an der Zeit, nach Hause zurückzukehren. Alles deutet jedoch darauf hin, dass der Friede noch in weiter Ferne liegt.
In der Zwischenzeit lebt eine Gruppe Vertriebene in der Diözese Nacala, fast am Straßenrand. „Es ist eine Herausforderung. Allerdings ist es erfreulich, die Entwicklung der Kinder zu sehen, die jetzt mehr spielen, rennen und springen. Sie lernen sogar, Portugiesisch zu sprechen“, sagt Padre Mário.
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Verwendungszweck: Mosambik
Ein Jahr nach Ausbruch des blutigen Konflikts in der Region Tigray im Norden Äthiopiens greifen die Kämpfe zwischen Regierungstruppen und den Anhängern der „Tigray´s People Liberation Front“ (TPLF) auf benachbarte Landesteile über. In der Region Amhara, die an Tigray grenzt, setzte nach Eroberungen durch die TPLF eine Massenflucht ein, berichtet ein katholischer Missionar aus der Region dem weltweiten päpstlichen Hilfswerk KIRCHE IN NOT.
Aus Sicherheitsgründen muss der Name des Ansprechpartners anonym bleiben. Er lebte bis Ende Oktober in der Stadt Kombolcha am Rande der Region Amhara, etwa 380 Kilometer nördlich der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba. Er und weitere Priester kümmerten sich dort um die Menschen, die aus der Region Tigray geflüchtet waren: „Wir haben viel Leid gesehen. In unserer kleinen Stadt Kombolcha gab es über 4000 Binnenvertriebene. Wir taten, was wir konnten, um Lebensmittel, Decken und Wasser zu beschaffen. Es nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, berichtet der Ansprechpartner.
Innerhalb kurzer Zeit habe sich die Sorge um die humanitäre Hilfe für die Binnenflüchtlinge in Angst vor der näher rückenden Front verwandelt. „Die Lage hat sich verschlechtert. Jetzt sind auch wir gezwungen, zu fliehen“, schrieb der Priester in einer Nachricht am Abend des 30. Oktober. Einen Tag später nahm die TPLF die Städte Kombolcha und Dessie ein, nachdem sie die Regierungstruppen immer weiter in die Defensive gedrängt hatte.
„Meine Mitbrüder sind schon weg, jetzt bleibe ich alleine hier. Ich muss sehen, ob ich morgen auch fliehen kann“, schrieb der Missionar. Viele Menschen seien getötet worden. Wie er „Kirche in Not“ am Allerheiligentag berichtete, konnte er kurz vor der Einnahme der Stadt entkommen und sich etwa 50 Kilometer südlich Richtung Addis Abeba absetzen. „Ich bin nicht mehr in Gefahr. Die Straßen hier sind voller Menschen“, schrieb er in seiner bislang letzten Nachricht.
Schon vor der Eskalation der Ereignisse Anfang der Woche habe eine Massenflucht aus der Region eingesetzt: „Wer Verwandte in Addis Abeba hatte, schickte Frauen und Kinder dorthin. Wir haben auch unsere Priesterseminaristen aus Kambolcha in die Hauptstadt evakuiert. Nur wir Priester sind zunächst geblieben, um bei den vielen Flüchtlingen zu sein – und um zu sehen, wie sich die Dinge entwickeln“, sagte der Missionar KIRCHE IN NOT.
Die im Sommer aufkeimenden Friedenshoffnungen nach der Wiederwahl von Premierminister Abiy Ahmed seien enttäuscht worden: „Vor der Vereidigung waren überall in der Hauptstadt Schilder mit der Aufschrift ,Neuanfang’ zu sehen. Wir hofften, dass der Krieg zu Ende gehen würde. Stattdessen ist er uns immer nähergekommen.“
Der Norden Äthiopiens ist für Hilfe von außen nahezu unzugänglich. Angesichts der Spannungen wissen die katholischen Missionare, dass materielle Hilfe schwer zu bekommen ist. „Wir bitten Sie um Ihr Gebet für Frieden und Sicherheit in unserer Region sowie um andere Formen der Unterstützung“, schrieb der Missionar an KIRCHE IN NOT.
Am 4. November 2020 hatten die Kämpfe in der Region Tigray begonnen. Premierminister Abiy Ahmed warf der TPLF damals die Abhaltung illegitimer Wahlen vor und entsandte Truppen in die Region. Vorausgegangen waren jahrelange ethnische und politische Auseinandersetzungen zwischen den Tigray und den anderen Bevölkerungsgruppen. In dem Bürgerkrieg kamen den Regierungstruppen auch Einheiten aus dem Nachbarland Eritrea zu Hilfe. Auch das reiche christliche Erbe Äthiopiens wurde durch die Kämpfe bedroht: Die Städte Lalibela, bekannt für ihre Felsenkirchen, und Axum, die ehemalige Hauptstadt und nach äthiopischer Überlieferung Aufbewahrungsort der Bundeslade, gerieten zwischen die Kampflinien.
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Der Libanon steckt in einer schweren wirtschaftlichen und politischen Krise – und dann kam auch noch Corona. Die Auswirkungen treffen auch die karitative Arbeit der katholischen Kirche im Land schwer. In Zahlé und der Bekaa-Ebene versorgen kirchliche Einrichtungen tausende Flüchtlinge aus dem benachbarten Syrien.
Oliver Maksan, Chefredakteur der katholischen Wochenzeitung „Die Tagespost“, hat für das weltweite katholische Hilfswerk „Kirche in Not“ mit dem dortigen melkitischen griechisch-katholischen Erzbischof Issam John Darwish über die aktuelle Lage gesprochen.
Oliver Maksan: Herr Erzbischof, der Libanon war schon vor der Corona-Krise großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten ausgesetzt. Zwingt die Pandemie das Land jetzt in die Knie?
Erzbischof Issam John Darwish: Die Corona-Pandemie hat die Wirtschaft anderer großen Länder schwer getroffen. Wir müssen deshalb damit rechnen, dass der Libanon im Vergleich dazu sogar härter getroffen wird, denn es gab schon zuvor Verschuldung und Korruption. Aber man muss auch sagen, dass es ernst zu nehmende Bemühungen der neuen Regierung gibt, zu verhindern, dass das Land in die Knie geht.
Der Libanon ist ein Land mit vielen Religionen. Vor Corona sind alle gemeinsam auf die Straße gegangen, um gegen das Versagen der Politik zu protestieren. Würden Sie sagen, dass Corona auch die Solidarität unter den Menschen unabhängig von ihrer Religion gestärkt hat?
Dieser religionsübergreifende Konsens ist viel mehr als nur das Resultat der gegenwärtigen Pandemie oder einer wirtschaftlichen Krise. Konsens und Solidarität müssen als Kultur verankert werden. Proteste allein vereinigen noch kein gespaltenes Land. Was ein Land viel eher zusammenführt, ist eine Erziehung hin zur Einheit und ein funktionierendes nationales Vorbild. Anderenfalls wird der Libanon ein Schauplatz frustrierender Experimente und des Politikerversagens bleiben.
Was macht die katholische Kirche, um den von Corona heimgesuchten Menschen zu helfen?
Der Patriarch der melkitischen griechisch-katholischen Kirche, Joseph I. Absi, hat alle Bischöfe gebeten, die Agrarflächen der Diözesen den Gläubigen zur Verfügung zu stellen, damit sie es bewirtschaften können. Das haben wir gemacht. Außerdem haben wir damit begonnen, das Krankenhaus in Zahlé mit der wegen Covid-19 dringend benötigten Ausrüstung auszustatten. Wir haben zudem mit dem Krankenhaus der Amerikanischen Universität in Beirut zusammengearbeitet, um unser Personal im Umgang mit der Pandemie zu schulen. Schließlich haben wir die Verteilung von Hygiene-Artikeln verstärkt, um den Menschen eine bessere Vorsorge gegen die Pandemie zu ermöglichen.
„Kirche in Not“ unterstützt das Projekt „Tafel Sankt Johannes der Barmherzige“. Dort werden bedürftigen Menschen warme Mahlzeiten zur Verfügung gestellt. Mussten Sie wegen der Pandemie etwas umstellen?
Die Tafel „Sankt Johannes der Barmherzige“ hat nie damit aufgehört, bedürftigen Menschen Essen zur Verfügung zu stellen. Wegen der Pandemie mussten wir aber dafür sorgen, dass die Menschen ihr Essen erhalten können, ohne ihre Sicherheit zu riskieren. Diese Maßnahmen greifen noch immer. Die Zahl der Empfänger hat seit Beginn der Pandemie zugenommen – und tut es immer noch. Derzeit gibt die Tafel mehr als 1400 Essen täglich aus.
Die Mehrheit der Libanesen hat zu Beginn der syrischen Krise das Flüchtlingsaufkommen sehr zögerlich aufgenommen. Die Einreise wurde zu bestimmten Zeiten von der libanesischen Regierung aufgedrängt. Jetzt wird die Lage immer schwieriger, denn die Zahl der Flüchtlinge ist problematisch groß. Während der Corona-Zeiten bedrohen zum Teil undisziplinierte Flüchtlinge zudem die Solidarität wie auch die Möglichkeiten des Aufnahmelandes.
Hilft Ihre Diözese an Corona erkrankten Flüchtlingen?
Bislang gibt es in Zahlé und Umgebung keine an Corona erkrankten Menschen. Aber wir ergreifen natürlich die notwendigen Vorkehrungen, um für auftretende Fälle vorbereitet zu sein. Entscheidend sind dabei die Ausstattung des Krankenhauses und die Schulung des dortigen Personals.
Was hat die Corona-Krise die Kirche gelehrt?
Ich neige dazu zu glauben, dass die Vorsehung des Herrn seine Schöpfung an seine Gebote und seine immerwährende Liebe und Barmherzigkeit erinnert. Vielleicht ist aber auch ein Ruf an die Menschheit, das Ausmaß des Schadens in den Blick zu nehmen, den Industrie und Waffen anrichten. Wir bitten Gott darum, unseren Glauben zu reinigen und der Menschheit die Gelegenheit zur Umkehr zu geben, damit er diese Bedrohung durch die Pandemie für immer aufhebt.
Würden Sie sagen, dass die Corona-Krise die Christen der Kirche nähergebracht hat?
Die Gläubigen standen und stehen immer noch der Kirche nahe. Sie baten uns immer darum, die Kirchen wieder zu öffnen. Wann immer wir in der Kirche gebetet haben, sind Gläubige gekommen und haben vor der Tür mit uns gebetet. Sie glauben fest, dass die Eucharistie sie beschützt.
Um die Versorgung von Flüchtlingen und die Arbeit der katholischen Kirche in Libanon weiterhin unterstützen zu können, bittet „Kirche in Not“ um Spenden – online … hier oder auf folgendes Konto:
Empfänger: KIRCHE IN NOT
IBAN: AT71 2011 1827 6701 0600
BIC: GIBAATWWXXX
Verwendungszweck: Libanon